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Die griechische Regierung verhandelt derzeit mit privaten Gläubigern über einen Schuldenschnitt.

Foto: APA/Federico Gambarini

London - Der Internationale Währungsfonds (IWF) drängt die Europäische Zentralbank (EZB) zur Beteiligung an einem Schuldenschnitt in Griechenland. Die "Financial Times" beruft sich dabei auf europäische Regierungskreise. Demnach hat der EZB-Rat unlängst darüber diskutiert, wie man der Problematik begegnen könnte. Ein namentlich nicht genannter Mitarbeiter des IWF habe hingegen bestritten, dass der Fonds Druck auf die Notenbank ausübe. Die griechische Regierung verhandelt derzeit mit privaten Gläubigern über einen Schuldenschnitt.

Hintergrund der Problematik ist, dass die EZB seit dem Frühjahr 2010 griechische Staatsanleihen am freien Markt gekauft hat. Sie flankiert damit das erste Rettungspaket für Athen. Da die Staatstitel bereits seinerzeit stark unter Druck standen, hat die EZB die Papiere zu sehr geringen Marktpreisen gekauft. Falls Griechenland nicht pleiteginge, würde die EZB den kompletten Nennwert der Anleihen zum Laufzeitende zurückerhalten und damit deutliche Kursgewinne erzielen.

Staatspapiere als Sicherheit

Darüber hinaus nimmt die Notenbank nach wie vor griechische Staatspapiere als Sicherheit in ihrem Refinanzierungsgeschäft mit den Geschäftsbanken entgegen. Die EZB hat mehrfach bekundet, sich nicht an einem Schuldenschnitt in Griechenland beteiligen zu wollen. Diese Haltung stößt insbesondere bei Hedgefonds auf Kritik. Die Argumentation lautet, warum auf Forderungen gegen Griechenland verzichtet werden solle, wenn sich die EZB dagegen sträube.

Laut "Financial Times" hat sich der EZB-Rat, der über die Geldpolitik im Euroraum entscheidet, unlängst mit der Problematik beschäftigt. Demnach wurde diskutiert, ob mögliche Gewinne aus dem Kauf griechischer Anleihen weitergereicht werden könnten. Eine andere Option wäre, dass sich die Notenbank am Schuldenschnitt beteiligt und entsprechende Verluste in Kauf nimmt.

Die Verhandlungen über den dringend benötigten Schuldenschnitt in Griechenland könnten bis zum Wochenende oder spätestens Anfang kommender Woche abgeschlossen werden, sagte unterdessen Ministerpräsident Lukas Papademos. "Notfalls werden wir (die Verhandlungen) telefonisch abschließen", betonte er. Papademos sprach am Rande des Neujahrsempfangs für das Diplomatische Corps des griechischen Staatspräsidenten Karolos Papoulias.

Zähe Verhandlungen

Die Verhandlungen verliefen zuletzt zäh: Von einem regelrechten "Pokerspiel" schrieb etwa die griechische Presse. Der Schuldenschnitt mit einem angestrebten Forderungsverzicht von rund 100 Mrd. Euro soll Griechenland helfen, die Verbindlichkeiten auf Dauer abbezahlen zu können. Streitpunkt sind die Zinsen für neue, langfristige Anleihen. Die Banken und andere Gläubiger wollen nicht weniger als vier Prozent im Durchschnitt. Der Internationale Währungsfonds (IWF) und wichtige EU-Staaten wollen den Zinssatz der neuen Anleihen auf maximal 3,5 Prozent drücken.

Parallel zu diesen Verhandlungen läuft auch eine neue gründliche Kontrolle der griechischen Finanzen: Experten der EU, des IWF und der EZB stellten erneut Verspätungen bei den Reformen fest. Zudem fordert die "Troika" weitere tiefe Einschnitte, diesmal im privaten Sektor. Das 13. und 14. Monatsgehalt soll abgeschafft werden, Kollektivverträge sollen nicht mehr gelten, Arbeitszeiten sollen liberalisiert werden. Zudem sollen Zusatzrenten gekürzt und Staatsbedienstete entlassen werden.

Versammlungen in Athen

Mittwoch früh versammelten sich hunderte Bürger am zentralen Syntagma-Platz von Athen vor dem Parlament. Dort verteilten Bauern ihre Produkte umsonst, um zu zeigen, dass sie von guter Qualität sind. Lange Schlangen bildeten sich vor den Ständen. Bilder dieser Art hat man in Griechenland seit den 1950er-Jahren nicht mehr gesehen.

Die griechische Übergangsregierung unter dem parteilosen Finanzexperten Papademos steckte unterdessen am späten Dienstagabend eine erste Niederlage im Parlament ein: Ein Gesetz, das die Freigabe der Öffnungszeiten für Apotheken vorsah, wurde nicht gebilligt. Vor allem Abgeordnete der Sozialisten stimmten dagegen oder enthielten sich der Stimme. Dagegen wurden zahlreiche andere Gesetze, die den freien Zugang zu vielen Berufen vorsehen, von der Regierungsmehrheit gebilligt.

Die Regierung wird von den Sozialisten, den Konservativen und einer kleinen rechtsgerichteten Partei unterstützt und hat die Aufgabe, alle nötigen Gesetze und Reformen umzusetzen, damit Griechenland das neue Hilfsprogramm in Höhe von 130 Mrd. Euro bekommt. Danach sollen vorgezogene Parlamentswahlen stattfinden. Ein Datum dafür steht noch nicht fest. (APA)