Edlinger: "Wir wollen den Platz, das ist mein Platz", schreit der ivorische Sänger Gadoukou la Star aus der Elfenbeinküste zu Beats und Sounds, die deutsche Szenemusiker von Ted Gaier bis Chicks on Speed nach Art der frankoafrikanischen Tanzmusikstils Couper Decaler zusammenkochen. Jetzt ist ein ganzes Album über diese deutsch-amerikanische Freundschaft erschienen. Es erweitert selbst wieder ein Performanceprojekt, das 2010 in Krems stattfand.

Dort gab der schwarze Tänzer Gotta Depri einen Edutainer, der uns in die Geschichte der Moves auf den Straßen afrikanischer Metropolen einweiht. Ihm zur Seite gestellt war ein auf schweißtreibende Imitation der Bewegungen und Übersetzung der atemlosen Erzählung dressierter deutscher Schauspieler. Heraus kam eine ziemlich komisch anzusehende Lehrstunde über Macht und Missverständnisse zwischen Afrika und Europa bzw. zwischen einem "farbigen" und einem "weißen" Paris.

Das Ganze wurde dann auch noch mit einer Parodie auf den zeitgenössischen westlichen Tanz und seine Pathosgesten verschnitten - und da geht es bekanntlich eher gesittet als sinnlich zu. Am Ende zeigte diese Revue über "authentische" Afroelektronik und weiße Tanzbären am Beispiel der Heller-Show Afrika! Afrika!, wie urbane, schwarze Tanzsubkulturen so weit abgeschliffen werden, bis sich der Wunsch nach exotisch-erotischen Körperbildern und die Anforderung von "künstlerisch wertvoller" Anmut in der Komplettverkitschung treffen.

Weniger deftig geht's derzeit bei einer anderen Schelmenstück im ZKM in Karlsruhe zu. Gegen die Vertrauenskrise des Euro setzt ein "Labor zur Entberlinerisierung" auf die Einführung des "Afro". Motto: Nicht nur eine neue Frisur, auch eine neue Währung ist möglich! Sieht so ein zeitgemäßer postkolonialer Aktionismus aus?

Divjak: Kürzlich hat ja eine Erfolgsmeldung in krisengebeutelten Zeiten aufhorchen lassen: Weniger Falschgeld im Umlauf! Ein Erfolg für die Verbrechensbekämpfung? Ziemlich sicher. Womöglich aber auch ein untrügliches Zeichen dafür, dass nicht einmal mehr die Fälscher auf die Währung namens Euro setzen - außer vielleicht auf sichergestellte anmutige 300-Euro-Scheine.

Wer weiß: Vielleicht tauchen ja demnächst auch wieder so richtig harte Währungen wie die D-Mark und der an sie angelehnte Schilling als stilvoll gestaltete Blüten auf? Dem Do-it-yourself-Trend folgend, selbstgebastelt im Kinderzimmer, die Ränder unsauber ausgeschnitten, Vorder- und Rückseite bemüht zusammengeklebt, wie jene behelfsmäßigen Scheine, die ein junger Mann vor gar nicht allzu langer Zeit auf einem Kirtag in einer deutschen Kleinstadt unters Volk bringen wollte ... (DER STANDARD/ALBUM - Printausgabe, 28./29. Jänner 2012)