Foto: EYP

Das "Teambuilding" hilft beim Kennenlernen, um dann große EU-politische Fragen im European Youth Parliament zu debattieren.

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Wien/Graz - "Ich bin fest davon überzeugt, dass es für die Staaten der EU wichtig ist, demokratische Werte zu demonstrieren und nicht das Prinzip der Zensur hochzuhalten." Die jungen Zuhörer der General Assembly, der parlamentarischen Generalversammlung, lauschen gespannt der englischen Rede, wagen es aber durchaus, die Vortragenden auf Unklarheiten, Missverständnisse oder Fehler hinzuweisen. Offiziell und korrekt geht es zu - man wähnt sich in einer Sitzung des Europäischen Parlaments. Nur die Teilnehmer sind auffallend jünger: Rund 50 Schüler aus ganz Österreich haben sich vergangenen Freitag gemeinsam mit internationalen Mitgliedern des European Youth Parliament (EYP) in der Grazer International Bilingual School zum zweiten "EYP Day" versammelt.

Kompakter Sitzungsmarathon

Das EYP ist eine international agierende NGO, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, "unabhängiges Denken", "soziopolitische Initiative" und "soziale und professionelle Fähigkeiten" an junge Europäer zu vermitteln. Diesmal sollten innerhalb eines einzigen Tages all jene Aktivitäten Platz finden, die sonst in regulären Sitzungen auf vier bis zehn Tage verteilt sind. Zum ersten Mal wurde dieses neue Konzept am 16. Dezember 2011 im Wiener Gymnasium St. Ursula erprobt. Viele Teilnehmer, darunter auch Perl Li (18), resümierten: Die Sitzung war "sehr kompakt, aber spannend".

Die Arbeit bei einer EYP-Sitzung passiert auf mehreren Ebenen. Bereits im Vorfeld werden die Teilnehmer in Komitees gegliedert, die Lösungen für ein bestimmtes Problem und ein Statement ausarbeiten. Da sich Teilnehmergruppen oft über die Schule formen, stehen die Organisatoren einer EYP-Sitzung mit den Lehrern in Kontakt, die von der NGO Vorbereitungsmaterial bekommen. Schließlich ist auch die Sitzung in mehrere Abschnitte unterteilt. Fabian Sommer, der in Graz das erste Mal als "chair", also Gruppenleiter fungierte, erzählt von der Arbeit in seinem Komitee.

Für und wider Atomstrom

"Nach den üblichen gruppendynamischen Spielen, dem Teambuilding, musste sich das Komitee entscheiden, ob es für oder gegen Atomstrom ist." Sommer, ist neben seiner gelegentlichen Chair-Tätigkeit, auch Vizepräsident, Nationaler Koordinator und Zuständiger für Innere Angelegenheiten bei EYP Austria.

Um den Diskussionen im Komitee, das sich mit dem Thema Umwelt und Atomstrom beschäftigte, Struktur zu verleihen, wurden die Teilnehmer in zwei Gruppen geteilt. Eine sammelte Argumente für den Einsatz von Atomstrom. Die andere präsentierte Gegenargumente. Schließlich wurden die Rollen getauscht. Auf die komiteeinterne Diskussion folgte schließlich die Vorbereitung auf die parlamentarische Vollversammlung, die General Assembly (GA). "Trotz der interessanten und kreativen Argumente für Atomstrom entschied sich das Komitee einstimmig, eine Resolution gegen die Verwendung des Atomstroms zu verfassen", erzählt Sommer. Ebenso wie bei allen anderen Abschnitten einer EYP-Sitzung ist bei der GA eine klare Struktur einzuhalten: Die Komitees präsentieren ihre Stellungnahmen, es werden Fragen gestellt und konstruktiv kritisiert, um sich eine Meinung bilden zu können. Dann kommt es zur Abstimmung, und die Stellungnahme wird angenommen oder abgelehnt. (Bath-Sahaw Baranow, DER STANDARD, Printausgabe, 1.2.2012)