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RWE-Manager Fritz Vahrenholt lehnt sich gegen die These des Weltklimarates auf, dass Treibhausgase ausschließlich für den Klimawandel verantwortlich sind.

Foto: AP/Augstein

Standard: Sie waren als Umweltsenator ein strikter Verfechter des Klimawandels und sind jetzt, als Manager einer Stromfirma, zum Skeptiker geworden. Wie geht das? Ist dies nicht ein Fall von: 'Des Brot ich ess, des Lied ich sing'?

Vahrenholt: In dieser Frage schwingt eine Unterstellung mit, die ich nicht akzeptieren kann. Ich bin Vertreter der erneuerbaren Energien, und deshalb hat das eine mit dem andern nur insoweit zu tun, als ich feststellen musste, dass die Erträge der Windenergieanlagen zurückgegangen sind. Im Zuge des Klimawandels aber würde die Windtätigkeit zunehmen, hieß es immer vonseiten des UN-Klimarates IPCC. Deswegen habe ich begonnen, der Sache auf den Grund zu gehen, und bin in die Literatur eingestiegen.

Standard: Und zu welcher Erklärung der von Ihnen gemessenen Windstille kamen Sie?

Vahrenholt: Es gibt einen Zusammenhang zwischen starken Wintern, die sich in den letzten Jahren gehäuft haben, und der Sonnenaktivität. Im Zuge meiner Recherchen stellte ich dann außerdem fest, dass es in den letzten 14 Jahren nicht wärmer geworden ist.

Standard: Wie können Sie das behaupten? Dies steht allen Veröffentlichungen entgegen.

Vahrenholt: Ich habe mir die offiziellen Temperaturmessstellen angesehen. Es gibt vier solcher offizieller Messreihen (etwa www. woodfortrees.org), die übrigens auch das IPCC nutzt. Da sieht man: Es hat seit 1998 keinen Temperaturanstieg gegeben.

Standard: Selbst wenn dies stimmt: Klimatologen meinen, dass ein Zeitraum seit 1998 zu kurz ist für eine Klimawandel-Aussage.

Vahrenholt: Das schon. Trotzdem erwartet man eine Erklärung, weil ja schließlich das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) wegen der Nutzung der fossilen Energien ansteigt und die Temperatur nicht.

Standard: Sie meinen also, dass das IPCC lügt? Das kann doch nicht sein.

Vahrenholt: Der Klimarat hat meiner Meinung nach schwere Fehler gemacht. Alle Hinweise, die vom CO2 als Klimaerwärmer wegweisen und zu anderen Erklärungen wie etwa der solaren Aktivität hinführen, wurden unter den Tisch gekehrt. Die Erwärmungsphase der ozeanischen Strömungen, die es seit 1977 gibt, wurde komplett dem CO2 zugeschlagen. Wenn man dann die Zunahme des CO2 in der Atmosphäre einfach weiter fortschreibt, wie es das IPCC getan hat, dann kommt man zu so horrenden Erderwärmungsszenarien wie regelmäßig prognostiziert.

Standard: Sie kritisieren also die internen Abläufe im IPCC?

Vahrenholt: Ja. Die Zweifel, die manche Klimatologen regelmäßig angemeldet haben, kommen in den Berichtszusammenfassungen für Politik und Öffentlichkeit einfach nicht vor. Um das zu lesen, muss man sich durch die tausenden Seiten der Klimaberichte durcharbeiten.

Standard: Doch stehen Sie mit der Meinung, Treibhausgase seien keine Verursacher des Klimawandels, ziemlich alleine da.

Vahrenholt: Er gibt zahlreiche Wissenschafter, auf die ich mich stütze. Ich verneine nicht, dass CO2 zum Klimawandel beiträgt. Aber ich denke, dass die Natur, die Sonne, einen ebenso großen Einfluss auf den Klimawandel hat wie die vom Menschen zu verantwortenden Treibhausgase.

Standard: Sind solche Schlüsse nicht sehr bequem für unsere Gesellschaft und besonders für die Energiewirtschaft?

Vahrenholt: Die Prognosen fallen natürlich weniger katastrophal aus, wenn die Erderwärmung von den prognostizierten vier Grad plus bei nur ein Grad zu liegen kommt. Das ist zwar auch viel, aber halt keine Katastrophe.

Standard: Die Notwendigkeit, eine alternative Energiepolitik einzuleiten, bleibt?

Vahrenholt: Die CO2-basierenden Energien Kohle, Öl und Gas müssen zurückgedrängt werden, weil sie ja trotzdem einen Beitrag zum Klimawandel leisten, wenn auch nicht in dem Umfang wie angenommen. Und außerdem werden sie den Menschen in 50, 100 Jahren nicht mehr zur Verfügung stehen, wenn sie weiterhin in dem Ausmaß verbrannt werden wie derzeit. Es gibt also viele Gründe, in erneuerbare zu investieren. Auch, weil wir die Abhängigkeit von Öl- und Gasimporten aus nicht demokratisch regierten Ländern zurückschrauben müssen. (Johanna Ruzicka, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 13.2.2012)