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Soul-Sängerin Adele gewann in L. A. sechs Grammys.

Foto: EPA/PAUL BUCK

Sarah Palin den Durchbruch am US-Markt zu verdanken, das muss sich seltsam anfühlen. Tut es, sagt Barack-Obama-Fan Adele. Doch ausgerechnet die erzkonservative Tea-Party-Politikerin brachte der US-amerikanischen TV-Show Saturday Night Live im Oktober 2008 satte 14 Millionen Zuschauer ein.

Adele empfing den Kollateralsegen dieser hohen Quote der Sendung, bei der sie an jenem Abend als musikalischer Gast eingeladen war. Von einem Tag auf den anderen wurde die damals 20-jährige Musikerin in den USA zum Star. In der Nacht zum Montag festigte die mittlerweile 23-Jährige ihren Status. Sechs Grammy-Nominierungen brachten ihr in Los Angeles sechs Trophäen ein.

Die Auszeichnungen für ihr im Vorjahr erschienenes zweites Album 21 sind die Bestätigung dessen, was Verkaufszahlen längst belegen. Adeles Blue-Eyed Soul über Herz, Schmerz, Verlangen und Enttäuschung geht rein wie das warme Messer in die Butter. 21 ist das bisher meistverkaufte Album des 21. Jahrhunderts, 17 Millionen Exemplare wurden weltweit abgesetzt. Adele nimmt das demütig wahr und übt sich in Bodenständigkeit.

Aus einfachen Verhältnissen kommend, sah die im Mai 1988 geborene Adele Laurie Blue Adkins zu Beginn ihrer Karriere wie eine jener Gestalten aus, die in Castingshows von sadistischen Juroren fertiggemacht werden. Ein pummeliger Teenager, unsicher, aber mit einer all das überstrahlenden Stimme.

Als Kind einer alleinerziehenden Mutter zog es sie schon früh über Formationen wie die Spice Girls zur Musik, als Erweckungsmoment bezeichnet sie ein Konzert der US-Musikerin Pink. 2006 absolvierte sie The London School for Performing Arts & Technology. Im selben Jahr stellte ein Freund Adeles Songs von ihr auf die Online-Plattform Myspace, worauf sich XL-Recordings bei ihr meldete. Adele dachte zuerst an einen Scherz, doch die Anfrage des Labels von The White Stripes oder Radiohead war ernst gemeint. 2008 veröffentlichte es Adeles Debüt 19, das sich bis heute knapp sieben Millionen Mal verkauft hat.

Adele gilt als wohltuende Ausnahme im überreizten Popgeschäft. Ihre Musik ist handgemacht, nicht von Technologie entstellt, ihr Songwriting solid, Lieder wie Rolling in the Deep sind wirklich überzeugend. Solange die Stimme mitmacht - zuletzt musste sie wegen Problemen zwei Touren absagen -, scheint ihr nur der Himmel Grenzen setzen zu können. (Karl Fluch, DER STANDARD - Printausgabe, 14. Februar 2012)