Chronik der Gefühle hieß eine der letzten umfangreichen Buchveröffentlichungen Alexander Kluges, der dieser Tage 80 Jahre alt geworden ist. Wäre dieser Titel nicht schon vergeben gewesen, er würde ebenso gut auf dieses Hörkunststück passen, das Karl Bruckmaier aus Texten von und Interviews mit Kluge, aus O-Tönen, Medienmeldungen und recht schriller Musik komponierte.

Die Welt nach Fukushima, die Hybris der Menschheit, die Tiefe der Geschichte und das Panorama der Welt werden durch Kluges Brille gesehen, montiert, analysiert. Und doch lässt sich das Gefühl nicht abschütteln, dass es sich bei Kluge um Deutschlands Verlegenheitsintellektuellen handelt. Der aus Halberstadt stammende Jurist (der dazu Geschichte und Kirchenmusik studierte) - die Bombardierung der Stadt 1945 blieb ein Schlüsselereignis seines Lebens -, ist kritischer Intellektueller, Filmemacher, eloquenter Vertreter des jungen deutschen Films, seit den 1980ern Medienunternehmer und mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichneter Autor.

Doch vieles bei dem vom Feuilleton aktuell seliggesprochenen Münchner mutet beim Hören arg simplistisch an, vor allem dort, wo Kluge fistelig zu hören ist, auch wenn sich in dieser Hommage Sprecher wie Jochen Striebeck und Hannelore Hoger Mühe geben. (Alexander Kluy / DER STANDARD, Printausgabe, 18./19.2.2012)