Rücksicht auf den kirchlichen Würdenträger auch im Gefängnis.

Foto: STANDARD/Christian Fischer

"Im Falle der Verhaftung und Anhaltung in Haft soll der Geistliche (Ordensperson) mit der seinem Stande und seinem hierarchischen Grade gebührenden Rücksicht behandelt werden."

So steht es im Artikel XX des Konkordats "zwischen dem Heiligen Stuhle und der Republik Österreich". Da fragt man sich natürlich: Brauchen wir jetzt Prälaten-Zellen in jeder Justizanstalt?

Als der damalige Papst und die österreichische Regierung 1933 beschlossen, "eine feierliche Übereinkunft zu treffen", achtete man auch auf Besonderheiten wie die folgende im Artikel XXI:

"Der Gebrauch des kirchlichen oder Ordensgewandes seitens Laien oder seitens Geistlicher und Ordenspersonen, denen er von der zuständigen Kirchenbehörde durch endgültige Anordnung verboten worden ist, die zu diesem Zwecke der zuständigen staatlichen Behörde amtlich bekannt zu geben sein wird, ist unter den gleichen Sanktionen und Strafen verboten, mit welchen der Missbrauch der militärischen Uniform verboten und bestraft wird."

Hätte Frau Christine Mayr-Lumetzberger, als sie am 14. September 2011 im "Club 2" mit Priester-Kollar auftrat, sofort verhaftet werden müssen?

Tatsächlich ist das Konkordat ja noch in Kraft. Die genannten Bestimmungen wurden formell nie aufgehoben oder durch spätere Vereinbarungen geändert. Trotzdem sind sie heute de facto totes Recht. So eignen sich diese Passagen zunächst lediglich dazu, am Höhepunkt des Faschings belächelt und im Übrigen missachtet zu werden.

Nach dem ersten Spaß darf man aber nachfragen: Sind diese vorkonziliaren Haltungen, die in diesem Konkordat der Zeit des Abschlusses entsprechend enthalten sind, heute tatsächlich überwunden und verschwunden? Wäre es dann nicht ein wichtiges Symbol, solche Bestimmungen, auch wenn sie ohnehin wirkungslos sind, auch formell aufzuheben? (Auch bei anderen staatlichen Gesetzen wird ja immer wieder eine Entrümpelung vorgeschlagen.)

Wie steht es heute mit dem Macht- und Autoritätsanspruch, der durch unbiblische äußere Formen einbetoniert wird? Im Alltag ist es in unseren Tagen erfreulicherweise nicht mehr üblich, den Pfarrer mit "Hochwürden" anzusprechen. Die Kardinäle und Bischöfe genießen es aber immer noch, als "Eminenzen" bzw. "Exzellenzen" bezeichnet zu werden.

Besonders schlimm: Sie gebrauchen diese Anreden sogar untereinander. Auch außerhalb des Faschings!

Im "Gefängnisparagrafen" schwingt die Vorstellung mit, ein Verbrecher im geistlichen Gewand sei immer noch etwas Besseres als ein weltlicher Gesetzesbrecher. Eine Grundhaltung, die zusammen mit der Wahrung des "Heiligen Scheins" vor allem den kirchlichen Missbrauchsskandal begünstigt hat.

So leitet diese Faschingsmeldung folgerichtig - und liturgisch korrekt - sofort auf den Aschermittwoch über. Mit der Einladung, die im Gottesdienst verwendete Asche aus den Verbrennungsrückständen der Listen kirchlicher Macht- und Ehrentitel zu gewinnen. Natürlich passt in diesen Zusammenhang auch das ceterum censeo dieses Blogs:

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass die Verantwortung der Päpste und des Vatikans am internationalen Missbrauchsskandal geklärt werden muss. Der derzeitige Papst hat bisher lediglich zur Schuld einzelner Priester und Bischöfe Stellung genommen. Zu den Vorgängen innerhalb der vatikanischen Mauern fand er kein Wort. Benedikts beharrliches Schweigen dazu macht ihn als Papst unglaubwürdig. (derStandard.at, 20.2.2012)