Wien - Der viel strapazierte Begriff Alleinstellungsmerkmal ist nirgendwo so schwer einzulösen wie im Pop. Schließlich geben die größten Denker zu, dass der weitverzweigte Baum der Popmusik Wurzeln geschlagen hat, sich also kaum noch von der Stelle bewegt. Da reichen kleine Unterschiede oft schon aus, um Aufmerksamkeit zu erregen.

Die Wiener Band Plexus Solaire bewerkstelligt das über die französische Sprache, die gemeinhin als nur eingeschränkt Rock'-n'-Roll-kompatibel gilt. Ein Irrtum, wie zuletzt die famosen Wiener Mopedrock!! mit ihrem Debütalbum gezeigt haben: 'ärrlisch!

Plexus Solaire sind schon länger dabei und veröffentlichen nun ihr drittes Album: Eine Doppel-CD. Den titellosen Neuling begleitet ein Silberling mit den besten Arbeiten aus den Jahren 2003 bis 2010. Kommenden Donnerstag präsentiert man das neue Werk live in der Eden Bar.

Die Sänger Vincent Wohinz, Alexandre Fedorenko sowie Emanuel Rudas und Jürgen Bauer erspielen sich auf ihrem neuen Album eine Schnittmenge, in der Anleihen am französischen Chanson in das Feld des Indie-Rock überführt werden.

Gebranded, wie man neumodern sagt, von der französischen Zunge der beiden Sänger. Das gelingt ohne größeren Kraftaufwand, wirkt also nicht bemüht und angestrengt, sondern elegant und eloquent. Dazu bezieht der Vierer Folk-Elemente mit ein, die einem Song wie Jamais über die Mundharmonika seine Leichtfüßigkeit verleihen, den Rest erledigt das Klavier. Auf Pour Le Meilleur Ou Pour Le Pire reitet das Baguette in vollem Galopp ins Country-und-Western-Land und erinnert im Ergebnis an die großen Thin White Rope (Mr. Limpet!). Well done, wie der Franzose im Ausland sagt. (Karl Fluch, DER STANDARD - Printausgabe, 21. Februar 2012)