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August Wöginger wirkt zerknirscht. So wollte er nicht als Nationalratsabgeordneter bekannt werden: als Klogänger, der Wichtiges versäumt. Am Mittwoch ist ihm allerdings genau das passiert. "Auch Abgeordnete haben menschliche Bedürfnisse", wird er sich später kleinlaut rechtfertigen. Dass er das überlieferte Schicksal des berühmten Astronomen Tycho Brahe nicht teilen wollte, ist nur allzu verständlich. Der Lehrmeister von Johannes Kepler hat, so die Geschichte, bei einem Festbankett einen Blasenriss erlitten, weil es die Hofetikette untersagte, sich vor dem Kaiser zu erheben.

Dann lieber laufen. ÖVP-Mandatar Wöginger hat also die Abstimmung über die Pensionsreform im Parlament versäumt. Kaum dass er seinen Lapsus bemerkt hatte, entschuldigte sich Wöginger auch schon bei seinem Klubobmann Wilhelm Molterer. "Es wird schon wieder. Tu dir nix an", sollen ihn seine Parteikollegen getröstet haben. Selbstverständlich hätte er für die Reform gestimmt, beteuert er tags darauf. Immerhin habe er kurz zuvor noch als Pro-Redner am Pult gestanden. Es war seine zweite Rede im Nationalrat.

Erst seit Dezember des Vorjahres ist der 28-Jährige im Parlament. Dass er den Einzug schaffen werde, war bei den letzten Nationalratswahlen gar nicht so sicher. Rund 10.000 Stimmen musste die Volkspartei im Innviertel zulegen, damit Wöginger das zweite Grundmandat bekam.

Sein politischer Werdegang ist klassisch schwarz. Geködert von der Jungen ÖVP, ist er heute noch deren Bezirksobmann in Schärding. Außerdem ist er ÖAAB-Bezirksobmann. Sein Ziel: Er will sich dem Jugendbereich und der Stärkung der Familien widmen. Für seine Partei sitzt er im Gesundheits- und im Rechnungshofausschuss - bis jetzt blieb er unauffällig. Politische Gegner wissen nichts über ihn zu berichten. "Da fehlt mir jetzt das Gesicht zum Namen", sagte einer. Das könnte nun anders werden.

Im Brotberuf ist der VP-Mann aus Sigharting Angestellter beim Roten Kreuz in Schärding. Auch hier gibt es wie in der Politkarriere einen geradlinigen Verlauf. Zuerst war der Zivildienst, dann ist Wöginger einfach geblieben. Das will er auch in Zukunft. Denn, so betont er: " "Ich will nicht mit 28 Jahren zum Berufspolitiker werden." Und in eine Großstadt zieht es ihn und seine Freundin Sandra auch nicht gerade. "Ich bin am Land aufgewachsen und fühle mich auch wohl hier." Er pendelt also lieber. Meist mit dem Zug, "wenn es die Zeit erlaubt". Privat kommt der leidenschaftliche Wanderer auch oft zum Bootfahren: Seine Eltern betreiben seit ein paar Jahren die Donau-Radfähre in Engelhartszell.

Konsequenzen aus seinem Versäumnis im Parlament soll es keine geben. Immerhin: Kurz ist er bekannt geworden. (Peter Mayr/DER STANDARD, Printausgabe, 12.6.2003)