Die Grünen sind empört, sogar die ÖVP protestiert: Der U-Ausschuss hat den Steuerakt des Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly mit von den Behörden zensurierten Passagen bekommen.

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Wien "Was hier vorliegt, ist eine glatte Sabotage": Peter Pilz, Fraktionsführer der Grünen im derzeit laufenden Korruptionsuntersuchungsausschuss, ist empört über die vom Finanzministerium übermittelten Steuerakten des Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly. Die veranstaltete "Schwärzungsorgie" sei eine Provokation. Zurückhaltend war die Finanzbehörde tatsächlich nicht vorgegangen: Steuerakten wurden fast zur Gänze unkenntlich gemacht, jener aus dem Jahr 2003 besteht überhaupt nur aus einem Deckblatt. "So einen Schmarren" habe er "noch nie bekommen", sagt Pilz.

Die anderen Parteien protestieren ebenfalls. Verhaltener als Pilz, aber doch, tut dies auch Werner Amon, ÖVP-Fraktionsführer im U-Ausschuss: Man akzeptiere keine geschwärzten Akten, was auch das Finanzministerium wisse. Amon glaubt an einen Fehler des Finanzamtes Eisenstadt, weshalb er den dortigen Leiter vor dem Ausschuss befragen will.

Auch das Finanzministerium sieht die Verantwortung beim Finanzamt Eisenstadt. Die Behörden hätten Order, alle verfahrensrelevanten Unterlagen zu liefern, sagte ein Ministeriumssprecher im Profil, das die Causa aufgegriffen hat - geschwärzt worden seien nur jene Daten, die für den Ausschuss "nicht relevant" seien.

Ist das zulässig? Auf Nachfrage des Standard widersprechen Rechtsexperten. "Die Schwärzung durch die Behörden ist nicht rechtens", sagt Heinz Mayer, Dekan des Wiener Juridicums. Eine Berufung aufs Amtsgeheimnis sei nicht stichhaltig, zumal eine Ausnahme von der "abgabenrechtlichen Geheimhaltungspflicht" vorgesehen ist, wenn die Offenlegung im "zwingenden öffentlichen Interesse" oder aufgrund einer "gesetzlichen Verpflichtung" erfolgt. Im aktuellen Fall sieht Mayer nicht nur die erste, sondern auch die zweite Bedingung für erfüllt: Behörden hätten dem Ausschuss angeforderte Dokumente zu übermitteln. Sie könnten die Frage nach der Relevanz zwar stellen - doch die Entscheidung darüber habe der Ausschuss zu treffen.

Ein Steuerakt sei für einen Korruptionsfall hochrelevant, befindet Mayer, dem nur eine argumentierbare Einschränkung einfällt: wenn etwa Sonderaufwendungen herauszulesen sind, die mit einer Krankheit zu tun haben. Prinzipiell hält der Jurist das hierzulande "besonders streng gehandhabte" Amtsgeheimnis aber für einen "Nährboden für Korruption".

"Summa summarum für unzulässig" hält auch der Verwaltungsrechtler Bernd Christian Funk die Schwärzungen durch eine Behörde, die nicht die Relevanz beurteilen könne. Er merkt aber auch an, dass man Sorgen um den Datenschutz nicht einfach vom Tisch wischen sollte, zumal es Abgeordnete mit der gebotenen Vertraulichkeit nicht immer allzu genau nähmen. Für heikle Fälle gibt es im U-Ausschuss an sich Vorkehrungen: Behörden können beantragen, dass Akten als "geheim" eingestuft und somit nur in einem Leseraum eingesehen werden. Die Abgeordneten können sie nicht kopieren - und demnach auch nicht veröffentlichen.

Der Grüne Pilz fordert nun nicht nur die Akten ungeschwärzt ein, er will auch Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) vor den U-Ausschuss laden, der am Montag mit einer Befragung des BZÖ-Abgeordneten Klaus Wittauer zum Thema Telekom weitergeht.

Den Steuerakt von Karl-Heinz Grasser hat das Finanzministerium vor wenigen Tagen übrigens völlig ungeschwärzt übermittelt. Im Fall des früheren Finanzministers berichtet Profil über die dubiosen Bargeldeinzahlungen auf ein Konto der Schweizer Treuhandgesellschaft Ferint AG bei der Meinl Bank. In den Jahren 2005 und 2006 habe ein für zwei Jahre an die Staatsanwaltschaft entliehener Experte der Oesterreichischen Nationalbank etliche Verstöße gegen Geldwäschebestimmungen und Bankwesengesetz festgestellt. Dabei geht es um jene 500.000 Euro, die Grasser laut eigenen Angaben in mehreren Tranchen bar einbezahlt hat und die er zuvor von seiner Schwiegermutter bekommen haben will.

Laut "Profil" sei weiter ungeklärt, wem die von der Ferint AG verwalteten Gelder zuzurechnen seien. Für die Genannten gilt die Unschuldsvermutung. (Gerald John, Peter Mayr, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27.2.2012)