Cartoon: STANDARD/Oliver Schopf

Jahrelang haben Vertreter der Gemeinnützigen und der Wohnbauindustrie gegen die Kürzung der Wohnbauförderung angekämpft - und haben trotz des Verlustes der Zweckbindung und des fehlenden Inflationsausgleichs das Schlimmste verhindert. Umso größer war der Schock, als die Regierung im jüngsten Sparpaket eine drastische Kürzung anderer Art ankündigte: die Halbierung der Bausparprämie, die dem Wohnbau jahrzehntelang bedeutende Mittel hat zufließen lassen.

Die Sorge über die Zukunft der Bausparkassen und die Folgen für den Wohnbau dominierte daher auch das 42. STANDARD-Symposium über die "Zukunft des Wohnens", das vergangene Woche der Wohnbauförderung und alternativen Finanzierungsquellen gewidmet war.

Einschränkung nicht leistbar

Die Titelfrage "Offensive oder Sparstift?" wurde von den Vortragenden und den rund 130 Teilnehmern aus der Wohnbau- und Bankenbranche - mehr als je zuvor - bei der von der Fachzeitschrift Wohnen Plus mitorganisierten Veranstaltung eindeutig beantwortet: Angesichts der rasch wachsenden Bevölkerung kann sich Österreich eine Einschränkung des geförderten Wohnbaus nicht leisten, will man nicht rasant steigende Preise und Wohnungsknappheit riskieren. Und wer glaubt, er könne das Budget durch Kürzung dieser Förderungen sanieren, der übersieht die Bedeutung, die der Wohnbau für die Konjunktur und Beschäftigung hat - und damit auch für das Steueraufkommen.

Der Obmann der österreichischen Gemeinnützigen, Karl Wurm, erinnerte an den Multiplikatoreffekt im Wohnbau: "1,4 Milliarden Wohnbauförderung lösen 6,5 Milliarden Investitionsvolumen aus und sichern mehr als 100.000 Arbeitsplätze im Bauhaupt- und Nebengewerbe", betonte er in seinem Eingangsreferat. In die gleiche Kerbe schlugen sowohl Experten und Interessenvertreter. Der Bund sei dabei, ein international bewundertes Erfolgsmodell durch gedankenlose Einsparungen zu zerstören.

Status verspielt

"Österreich war früher immer einige Prozent günstiger beim Wohnen als andere Staaten, diesen Status haben wir verspielt", sagte Josef Muchitsch, Chef der Gewerkschaft Bau-Holz. Er forderte vor allem die Rückkehr der Zweckbindung der Bundeswohnbaugelder in den Bundesländern.

Exbankerin Regina Prehofer, jetzt Vizerektorin der WU Wien, verwies auf den Beitrag des Wohnbaus bei der Überwindung der Wirtschaftskrise 2009. Doch dies sei nur mit stabilen Finanzierungen möglich.

Josef Schmidinger, Chef der s Bausparkasse, warnte, dass die Halbierung der Prämie zu einem deutlichen Rückgang der verfügbaren Gelder für Bausparkredite führen werde. "Das ist typisch österreichisch gedacht: Mit der Hälfte wird es schon gehen, aber die Verantwortung haben die anderen. Sollen sie halt die Zinsen erhöhen und Kosten sparen."

Auch an konkreten Reformvorschlägen fehlte es nicht. Prehofer betonte die potenziellen Einsparungen, die eine Harmonisierung der Regelungen der Bundesländer bringen würde. "Es hat mich gewundert, dass dieser Punkt im Zuge des Sparpakets gar nicht angesprochen wurde", sagte sie.

Die Ökonomin Margarete Czerny von der Donau-Uni Krems präsentierte ein Modell, wonach Pensionskassen verpflichtet werden können, einen Teil ihres Anlagevermögens in den Wohnbaubanken zu investieren und so nicht nur stabile Renditen zu erzielen, sondern auch mehr Mittel für den Wohnbau zu mobilisieren.

Und Manfred Katzenschlager von der Wirtschaftskammer Österreich schlug neben der Wiederkehr der Zwecksbindung vor, die Abschreibung für private Hausbauer und Stadterneuerungsmodelle zu beschleunigen, die Mehrwertsteuer auf arbeitsintensive Baudienstleistungen zu reduzieren und eine Bundesförderung für seniorengerechte Sanierungen nach dem Vorbild der thermischen Sanierung einzuführen. Weitere Vorschläge kamen aus den Tischgesprächen, ein Bündel von sieben Maßnahmen siegte bei der Abstimmung im Saal.

Und dass auch über freie Finanzierung ohne Förderungen leistbare Wohnungen errichtet werden können, zeigen verschiedene neue Projekte in Wien, darunter eines in der Seestadt Aspern.

Kein Geld für Offensiven

All das stieß bei den anwesenden Politikern - Finanzstaatssekretär Andreas Schieder (SPÖ) und Niederösterreichs Finanz- und Wohnbaulandesrat Wolfgang Sobotka (ÖVP) - auf wenig Gegenliebe. Denn sie müssten ja derzeit sparen und könnten nicht für Offensiven mehr ausgeben, wie sie in der Debatte betonten.

Schieder gab sich überzeugt, dass sich die Aufregung über die Bausparprämie bald wieder legen werde: "Die Halbierung ist sicher kein Boost, aber auch nicht dazu angetan, das ganze Finanzierungssystem infrage zu stellen."

Sobotka stemmte sich vehement gegen die Zweckbindung. Sein Land stecke ohnehin mehr Geld in den Wohnbau, als es vom Bund erhalte. "Es sind alles Steuermittel, wir haben keinen eigenen Rechnungskreis." Ihm widersprach der anwesende Salzburger Wohnbaulandesrat Walter Blachfellner (SPÖ), der in seinem Modell für die Zweckbindung eintritt. Der Spardruck, so wurde deutlich, reißt tiefe Gräben im österreichischen Wohnbau auf.  (Eric Frey, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.2.2012)