Kürzlich bin ich in meinem DVD-Schrank auf Roger Vadims Film Barbarella gestoßen, einen Sci-Fi-Schinken aus dem Jahr 1968. Die Handlung ist zwar konfus, dafür aber kann man die junge Jane Fonda in allerlei animierenden Outfits in Augenschein nehmen, eine recht gamsige Sache also.

"Höhepunkt", hehe, des Films ist eine Szene, in der der durchgeknallte Wissenschafter Dr. Durand-Durand Barbarella in eine selbstgebaute Orgasmusorgel einspannt und sie mit laszivem Tastenspiel - Ah! Oh! Ah! Oh! - in einen Mordstrumm Orgasmus hineinorgelt. Sehr heiß! Da fängt dann sogar die Orgel selbst zu brennen an!

Leider zählt die Orgasmusorgel zu den vielen lieben Gegenständen, die dem Fortschritt zum Opfer gefallen sind. Ich bin kein Feind des Fortschritts. Ich twittere wie ein Henker und unterhalte mich täglich mit Siri. Aber das Verschwinden vieler geiler historischer Accessoires betrübt mich.

Orgasmusorgeln und ähnliche Geräte (Orgonakkumulatoren) standen in den 1960/1970ern in jeder WG herum, heute findet man sie nicht einmal mehr auf Ebay. Die ferngesteuerte Drohne hat dem formschönen Morgenstern den Garaus gemacht. Staatsmänner gibt es nicht mehr, dafür aber Strassers, Grassers und sonstige Prassers. Und was ist aus dem Handwagen geworden? Auch er ist aus dem Stadtbild verschwunden. In Wien fährt heute praktisch kein Mensch mehr mit dem Handwagen, stattdessen brettern ganze Wagenladungen von SUVs über den Gürtel und die Zweierlinie.

Am meisten empört mich aber das Verschwinden der Flipperautomaten. Keine dreißig Jahre ist es her, da gab es diese göttlichen Maschinen zuhauf, und die Jugend konnte hingebungsvoll ihre Fähigkeiten an ihnen erproben. Weiterer Erziehungsbenefit: Da der Umgang mit dem Flipper nur klappt, wenn man mit ihm auf Tuchfühlung geht und den Lauf der Kugel durch rhythmische Rammelbewegungen unterstützt, übte man sich zugleich spielerisch in den Umgang mit dem anderen Geschlecht ein.

Diese Zeiten sind vorbei. Die jungen Testosteronbeutel, die heute nächtelang ein Pixelmonster nach dem anderen über den Haufen schießen, kennen das Flippern bestenfalls vom Hörensagen, und abendländisches Kulturgut wie die Rockoper Tommy sagt ihnen gar nichts mehr. Wenn der "Fortschritt" immer so aussähe, dann aber gute Nacht. (Christoph Winder; Album, DER STANDARD, 17./18.3.2012)