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Merkels Tanz mit dem und um den Rettungsschirm, karikiert beim Faschingsumzug in Düsseldorf am heurigen Rosenmontag.

Foto: AP/Frank Augstein

Werner Kogler, stellvertretender Klubchef und Finanzsprecher seiner Partei, kündigt im Gespräch mit dem STANDARD an, dass die Grünen dem Eurorettungsschirm im Parlament nicht zustimmen und auch die Ratifizierung des EU-Vertrags blockieren werden. Kogler: "Bis auf weiteres gibt es von uns keine Zustimmung. Die Frist, die sich die Regierung gesetzt hat, wird nicht halten. Erst wenn es bei der Finanztransaktionssteuer Bewegung gibt oder wenn ein glaubwürdiger Zwischenschritt zu einer Alternative vereinbart wird, kann man mit uns wieder über den Eurorettungsschirm reden."

Im Zusammenhang mit dem Eurorettungsschirm ESM muss der Artikel 136 des EU-Vertrags geändert werden, dazu ist im Nationalrat eine Zweidrittelmehrheit notwendig. Wenn die Grünen nicht zustimmen, kann der EU-Vertrag nicht bis Juli ratifiziert werden, dann könnte der neue Eurorettungsschirm in der gesamten EU nicht umgesetzt werden.

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Berlin/Wien - Eins, zwei oder drei? Drei Optionen liegen für die Zukunft des Rettungsschirms auf dem Tisch. Besser gesagt: der Rettungsschirme. Derzeit gibt es ja die EFSF (European Financial Stability Facility), die Mitte nächsten Jahres ausläuft. Bereits im Juli 2012 wird der permanente Schirm ESM (European Stability Mechanism) aus der Taufe gehoben. Die EFSF hat eine Kreditkapazität von 440 Milliarden, der ESM von 500 Milliarden Euro.

Jetzt geht es um die Frage, wie die beiden Einrichtungen kombiniert werden. Bisher sträubte sich Deutschland gegen eine Koexistenz der Fonds, weil damit das Haftungsvolumen deutlich steigen würde. Zudem argumentierten Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble, dass wegen der Entspannung in der Schuldenkrise eine Aufstockung der Mittel nicht mehr nötig sei. Hinter den Kulissen gibt es freilich seit Wochen Signale, nun auch via Spiegel, wonach Berlin dem wachsenden Druck innerhalb und außerhalb der Eurozone letztlich nachgeben werde. Die Begründung: Je mehr Geld auf Halde liegt, desto größer die Wirkung. Und: Das Beispiel Spanien zeige, wie schnell Abweichungen von den Defizitplänen zu neuer Nervosität an den Anleihenmärkten führen können. Die EU-Kommission hat ein Optionenpapier vorgelegt, wie die Fonds kombiniert werden könnten und welche Auswirkungen davon erwartet werden:

- Option 1: Die bisher zugesagten Mittel für Griechenland, Irland und Portugal (insgesamt 200 Milliarden) bleiben in der EFSF, die weiterhin Geld zur Finanzierung der laufenden Programme aufnehmen würde. Der ESM startet somit unbelastet mit voller Schlagkraft. Zu den 200 Milliarden kämen also 500 Milliarden hinzu. Die Kommission befürchtet freilich, dass diese Konstruktion nicht ausreichen würde, "wenn ein oder mehrere große Mitgliedsstaaten vom Markt genommen werden müssten". Folglich werde die Hauptlast künftiger Stabilisierung weiterhin bei der Europäischen Zentralbank liegen.

- Option 2: Kombination der gesamten EFSF und des ESM: Damit käme man auf ein Volumen von 940 Milliarden, von denen besagte 200 Milliarden schon zugesagt oder vergeben sind, womit vorübergehend also 740 Milliarden für neue Hilfen blieben. Ab 1. Juli 2013 würde die EFSF dann auslaufen, das Gesamtvolumen wieder auf 500 Milliarden sinken. Vorteil: Die Märkte wären von der hohen Summe eher beeindruckt; G-20-Staaten wie Brasilien oder China wären beim höheren Engagement der Eurozone eher bereit, zusätzliche Mittel für die Krisenbekämpfung loszueisen.

- Option 3: Die EFSF wird in den ESM integriert: Das entspricht von den Summen her Option 2, hätte aber einen wesentlichen Unterschied: Die 940 Milliarden stünden dann dauerhaft zur Verfügung. Das ist aus Brüsseler Sicht jene Variante, die am stärksten zur Stabilisierung beitragen würde. Die Kommission ist ferner davon überzeugt, dass die größere finanzielle Ausstattung keine neuerliche Vertragsänderung erforderlich machen würde.

Realistisch erscheint angesichts des Widerstands aus Berlin und auch anderer Staaten wie Finnland nur Variante 1. Selbst das dort angepeilte Volumen würde für Österreich eine Aufstockung der bisherigen Haftungen um zwölf auf annähernd 30 Milliarden bedeuten. Dazu kommt noch die bereit fix beschlossene Bareinzahlung, weil der ESM mit einem Stammkapital von 80 Milliarden ausgestattet sein wird. Auf Österreich entfallen dadurch weitere 2,2 Milliarden Euro.

Sowohl Bundeskanzler Werner Faymann als auch Finanzministerin Maria Fekter haben sich bereits für diese Form der Aufstockung ausgesprochen. Würde die Luxusversion (Option 3) gewählt, käme Wien auf einen Haftungsbeitrag von knapp 40 Milliarden Euro. Zudem müsste wegen des größeren Schirms das Barkapital erhöht werden.

Die Eurofinanzminister wollen über die Anhebung der Hilfsmittel Ende kommender Woche beraten. Spannend wird es außerdem in Deutschland, wo Merkel betreffend Rettungsschirm-Ausdehnung Gegenwind aus der eigenen Koalition verspürt. (Michael Völker, Andreas Schnauder, DER STANDARD, 26.3.2012)