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Ab Mai wird es in einigen Branchen für Nicht-EU-Bürger wieder leichter, einen Job in Österreich zu bekommen. Die Gewerkschaft drängt auch darauf, mehr Geld für die Ausbildung von Lehrlingen bereitzustellen, um so dem Fachkräftemangel zu begegnen.

Foto: AP/Weigel Armin

Wien - Ein reines Zuwanderungsprogramm für Spitzensportler ist sie nicht mehr. Während in den ersten Monaten nach Inkrafttreten der neuen Rot-Weiß-Rot-Card vor allem kanadische Eishockey-Legionäre einen Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt beantragten, wird sie nun verstärkt von "normalen" Arbeitskräften wie Ingenieuren oder Informatikern genutzt. Ein Massen-Programm ist die im Mai des Vorjahres eingeführte Karte aber noch nicht. Rund 1500 Anträge aus Nicht-EU-Staaten (plus Rumänien und Bulgarien) gab es bisher - nur 309 wurden nicht genehmigt.

Aufgenommen wird, wer eine bestimmte Punkteanzahl - abhängig von Ausbildung, Berufserfahrung, Alter und Sprachkenntnissen - erreicht. Erleichterungen gibt es für Hochqualifizierte - etwa Manager oder Wissenschafter. Schlüsselarbeitskräfte aus diesen Ländern durften angeworben werden, wenn das AMS für eine bestimmte Stelle nachweislich keinen Österreicher gefunden hat. 

Zuzug nur bei Bedarf

Ab 1. Mai wird nun auch für eine dritte Gruppe aus den Nicht-EU-Staaten der Zugang zum heimischen Jobmarkt gelockert. Die Sozialpartner arbeiten gerade an einer Listen mit sogenannten Mangelberufen. Bevor im Vorjahr für zehn osteuropäische EU-Staaten der Arbeitsmarkt geöffnet wurde, gab es eine solche Mangelliste bereits. Auf Drängen der Gewerkschaft wurde sie aber ein Jahr lang außer Kraft gesetzt. Man wollte zunächst abwarten, wie viele Arbeitskräfte aus Ungarn, Tschechien und Co. kommen - geworden sind etwas über 20.000. Die neue Liste wird aber deutlich kürzer ausfallen als die alte, auf der über 60 Berufe standen.

Der Leiter der Sozialpolitischen Abteilung der Wirtschaftskammer, Martin Gleitsmann, geht von maximal 20 Berufen aus. Als Beispiele nennt er Elektroinstallateure, Köche, Schweißer, Dreher oder Fräser. Die genauen Modalitäten werden von den Sozialpartnern noch verhandelt.

Abhängig von den Löhnen

Grundsätzlich besteht ein Mangel in einem Berufsfeld, wenn es pro gemeldeter offener Stelle maximal 1,5 vorgemerkte Arbeitssuchende gibt. In Branchen, in denen es überdurchschnittlich steigende Löhne und eine hohe Zahl an Lehrlingen gibt, können es sogar 1,8 vorgemerkte Jobsuchende sein. Diese beiden Indikatoren - die steigenden Löhne und die Lehrlingszahl - werden als Hinweis für einen Mangel an Arbeitskräften gewertet. Wie viele Arbeitskräfte dann tatsächlich über die Mangelberufsliste kommen, ist schwer abzuschätzen. Allzu groß dürfte die Nachfrage derzeit jedenfalls nicht sein. Zahlen der Krankenkassen zeigen, dass die Zahl der Beschäftigten aus den klassischen Zuwanderungsländern (Türkei, Ex-Jugoslawien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina) heuer niedriger ist als noch vor einem Jahr. Lediglich die Zahl der Serben ist leicht - um 700 - gestiegen.

Die Gewerkschaft möchte das Fachkräfteproblem auch mit einer höheren Zahl an Lehrlingen lösen. Gemeinsam mit der Gewerkschaftsjugend forderte der Leitende ÖGB-Sekretär Bernhard Achitz eine "Fachkräfte-Milliarde". Konkret sollen die Arbeitgeber ein Prozent der Lohnsumme in einen eigenen Topf einzahlen, aus dem dann die betriebliche, aber auch die überbetriebliche Lehrlingsausbildung finanziert werden soll. Gleichzeitig soll die Qualität der praktischen Ausbildung besser kontrolliert werden. Im Vergleich zum aktuellen Modell wäre das eine deutliche Erhöhung der Lohnnebenkosten. Jetzt zahlen die Betriebe 0,2 Prozent der Lohnsumme.

Abgewickelt wird die Lehrlingsförderung aber über den Insolvenzfonds, der seit Jahren auf hohen Schulden sitzt. Die überbetrieblichen Lehrlingseinrichtungen werden bisher über das AMS finanziert. Chancen auf eine schnelle Realisierung hat das Gewerkschaftsmodell offenbar nicht. Nicht nur die Wirtschaftskammer und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner lehnen jede weitere Erhöhung der Lohnnebenkosten ab. Auch Sozialminister Rudolf Hundstorfer lässt ausrichten, das Modell sei "nicht in Diskussion". (Günther Oswald, DER STANDARD, 5.4.2012)