Es ist die Summe seiner präzisen Metaphern, die aus der minimalistischen Installation eine Anklage macht: Weniger total, mehr Mensch!  Teil der Installation "Framework" von Bernhard Hosa.

Foto: C. Fuchs

Wien - Es ist das menschliche Maß, das die Dimensionen in Bernhard Hosas Installation framework bestimmt, ein Maßstab, der in seiner Arbeit für den Kunstraum Niederösterreich ebenso wenig augenscheinlich ist, wie in der Institution, die sie zum Thema macht: Die Totale Institution. Der US-Soziologe Erving Goffman prägte den Begriff und meinte damit Orte wie etwa psychiatrische Kliniken.

Totale Institutionen zeichnen sich dadurch aus, dass das Leben seiner Insassen nur hier und in Gesellschaft nicht selbst gewählter Schicksalsgefährten stattfindet. Der Tagesablauf ist vollkommen geplant, reglementiert und überwacht. Der Mensch als Individuum ist an solchen Verwahrungsorten kein Maßstab. Er wird zum Objekt.

Der 32-jährige Hosa, der sich intensiv mit der Kategorisierung von Menschen auseinandergesetzt hat, verweist auf den französischen Kriminalisten Alphonse Bertillon, auf den das anthropometrische System zur Personenidentifizierung - ein Foto im Profil, eines frontal - zurückgeht.

Empirische und verwissenschaftlichte Perspektiven, die den Menschen objektivieren. Hosa selbst hat dafür ein sehr stimmiges Bild gefunden: Abgüsse eines Medizinballs hat er mit Schichten von Wachs, Plastilin, Vaseline oder auch einem übergezogenen Latexhandschuh - Verweise auf den medizinischen Bereich - individualisiert.

Mit der Positionierung der Köpfe auf den Tischen findet aber wieder eine Gleichsetzung statt. Andere Tische mit Dimensionen eines Einzelbettes versperren hochkant ganze Räume. Aus den isolierten Teilen dringt kühles Licht. "Es geht um den komatösen Zustand in solchen Institutionen", sagt Hosa. Es ist die Summe seiner präzisen Metaphern, die aus der minimalistischen Installation eine Anklage macht: Weniger total, mehr Mensch! (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD, 5.4.2012)