Für den erbärmlichen Zustand der italienischen Parteienlandschaft hätte es keines Beweises mehr bedurft. Doch der jüngste Finanzskandal der Lega Nord wirft ein neues Schlaglicht auf die korruptionsverseuchte Politik. Er trifft eine Partei, die noch immer behauptet, dass sie gegen Bestechung und alle anderen "römischen Übel" immun sei. Die Affäre folgt auf jene der linkskatholischen Margherita, deren Schatzmeister Luigi Lusi 13 Millionen Euro aus der Parteikasse entwenden konnte.

Der Grund ist simpel: Italiens Parteien schwimmen im Geld. Nachdem eine Volksabstimmung die staatliche Parteienfinanzierung mit überwältigender Mehrheit abgeschafft hatte, tauften die Parteien das Kind einfach um: Seither trägt es den Namen "Wahlspesenerstattung". In zehn Jahren hat dieser Geldfluss um 1100 Prozent zugenommen. Italiens Parteien, die das Land an den Rand des Abgrunds wirtschafteten, haben in den letzten drei Jahrzehnten über zehn Milliarden Euro an öffentlichen Geldern kassiert. 

Die Kassen der Lega Nord sind mit über 40 Millionen Euro gefüllt - geradezu eine Aufforderung zum Diebstahl. Das Parteiengesetz, das jetzt durchs Parlament gejagt werden soll, wird den ruinösen Ruf der zum Selbstbedienungsladen verkommenen Politik wohl kaum retten können. Genauso wenig wird Umberto Bossi mit seinem Rücktritt den Zerfall seiner Partei aufhalten können - egal, ob er von den illegalen Machenschaften wusste oder nicht. (Gerhard Mumelter, DER STANDARD, 6.4.2012)