Die Lage im westafrikanischen Subsahara-Staat Mali ist derzeit unübersichtlich. Und auch die internationalen Korrespondenten kommen zu ganz unterschiedlichen Schlüssen. Während Thomas Scheen in der FAZ ein "zweites Afghanistan" entstehen sieht (und um die Bibliotheksschätze von Timbuktu fürchtet), sieht die NZZ das Land auf dem Weg zu verfassungskonformen Neuwahlen. Umstritten ist vor allem das Ausmaß der Gefahr einer wachsenden islamistischen terroristischen Bedrohung.

Doch was ist das eigentlich für ein Land, das nun plötzlich Gefahr läuft, in einem Atemzug mit Somalia genannt zu werden? Ein Hinweis auf vier Filme, die helfen können, Mali besser zu verstehen.

Foto: trigon

a) Yeelen (1987) von Souleyman Cissé: Einer der bekanntesten und bedeutendsten afrikanischen Filme überhaupt stammt aus dem Mali. Er entstand Mitte der 80er Jahre mit einer in großen Teilen französischen Crew, ist aber konsequent in seinem Versuch, eine genuin afrikanische Ästhetik zu entwickeln. Im Mittelpunkt steht ein junger Mann vom Volk der Bambara, der sich auf eine "spirituelle" Suche begibt, die ihm helfen soll, einen Fluch seines despotischen Vaters zu bannen. Dieser Niankoro durchquert dabei die Landschaft und Gesellschaft von Mali. Yeelen ist in einer guten Ausgabe bei Trigon Film in der Schweiz erhältlich (auch als Box mit drei weiteren Werken von Cissé), zum Anspielen kann man aber auch die vollständige Version nützen, die im Netz zu finden ist.

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b) Bamako (2006) von Abderrahmane Sissako: Zu diesem Klassiker des postkolonialen Kinos habe ich in der taz damals eine ausführliche Besprechung geschrieben: Der Film zeigt, wie Mali und Washington zusammenhängen, indem der Weltbank und dem Internationalem Währungsfonds der (Schau-)Prozess gemacht wird. Schauplatz ist ein Haus in Bamako, der Hauptstadt von Mali. Dabei gelingt etwas Seltenes: Sissako findet ein Genre für die Globalisierung. In diesem zentralen Ausschnitt ist zu sehen, wie die Leute sich im Fernsehen einen Spaghetti-Western ansehen, der im Mali spielt – ein Kunstprodukt voller Ironien, eine Schlüsselszene des neueren Weltkinos.

c) Die Frauenkarawane (2009) von Nathalie Borgers: Dieser Dokumentarfilm über ein Nomadenvolk im südlichen Niger führt zwar in eine Gegend, die deutlich weiter östlich als Mali liegt. Man bekommt hier aber einen sehr guten Eindruck von der Landschaft der südlichen Ausläufer der Sahara, und von Gegensätzen, die im Moment auch die Lage in Mali bestimmen: Nomadenkultur gegen Urbanisierung, informelle gegen institutionelle Strukturen. Hier ein Link zu der Ausgabe der Stadtkinozeitung 474, für die ich einen ausführlichen Text über Die Frauenkarawane geschrieben habe.

d) Mali und die Kunst des Teilens (2010) von Walter Größbauer und Claudia Pöchbauer. Eine Reportage über den Versuch, in Mali zu helfen. Die österreichische Psychotherapeutin Hilde Heindl startet ein Projekt, das hier filmisch begleitet wird. Eine Zuschauerin fand nach einer Vorführung in Wien folgende Worte: "Völlig irre, dieser Film. Einerseits die Farben, Klänge, Gerüche Malis, die einen aus schrillen bis beschaulichen Szenen vor Lehmburgen, Niger-Pinassen und Frauen und farbigen Gewändern förmlich anspringen. Daneben diese schlichte Frau, die auf einfache Art offensichtlich Vieles möglich gemacht hat. Es stellt sich nur die Frage: muss sie wirklich ein Perlhuhn töten und begraben, um das Projekt zu retten?" Mali und die Kunst des Teilens ist über die Webseite des Filmemachers bestellbar.