René Staud: "The Mercedes-Benz 300 SL Book".
Texte Jürgen Lewandowski u. Paolo Tumminelli.
Engl./Dt./Frz./Russ./ Chin. € 98,- / 304 S.
Verlag teNeues
, 2012.
Als "Limited Collector's Edition" (inkl. sign. Fotoprint) erhältlich: € 2000,-

Foto: teNeues

Was für eine Pracht! Welch ikonografische Kraft, einem Mythos zu huldigen. René Staud inszenierte eine automobile Legende in äußerst kunstvoller, theatralischer Art und Weise. Ergebnis ist das großformatige, fünf Kilo schwere Mercedes-Benz 300 SL Book. Ein fein durchkomponiertes Epos in sieben Akten, das die Entwicklung eines der oft als "Sportwagen des Jahrhunderts" apostrophierten Automobils illustriert. René Stauds Fotoband gerät zur Hommage an ein außergewöhnliches Fahrzeug, dem seinerzeit Stars wie Grace Kelly, Frank Sinatra und Alfred Hitchcock verfallen sind. Die Franzosen nannten ihn "Papillon", die Amerikaner "Gullwing".

Die "Flügeltüren" machten den Mercedes-300-SL-(alias W194)-Rennwagen unverwechselbar - dabei hatten die Techniker nach einer Lösung gesucht, den stabilen und verwindungssteifen Rohrrahmen seitlich möglichst hoch ziehen zu können. Dass die Türe dabei ins Dach wandern musste, sorgte für den charakteristischen Auftritt. Mit ihren 200 PS starken Vergasermotoren waren die ersten Rennautos gegenüber der britischen und italienischen Konkurrenz nicht gerade übermäßig motorisiert, doch die Aerodynamik, das perfekte Fahrwerk, die Bremskraft und die Zuverlässigkeit sicherten den Stuttgartern zahlreiche Rennerfolge - wie etwa den Doppelsieg bei der Carrera Panamericana im Herbst 1952.

Der 300 SL konnte 1952 an die sportlichen Erfolge der legendären "Silberpfeile" anknüpfen. Vier Siege bei fünf Starts und ein zweiter Platz bei der Mille Miglia war die Bilanz der ersten Saison. Zwei Jahre später kam die Straßenversion auf den Markt. Auf Initiative des US-Importeurs Max Hoffmann schuf Mercedes ein für die USA ideales Gefährt. Mythos und Nimbus der Freiheit entsprach dem glamourösen "American Dream".

Nach 1400 produzierten Exemplaren aber war Schluss. Hoffmann forderte einen komfortableren, offenen Roadster, der sich im sonnigen Kalifornien veräußern ließ. Mit diesen beiden Modellen legte das Stuttgarter Werk den Grundstein der SL-Legende. Parallel dazu entstand der 190 SL, dann folgte mit dem 230 SL ein ebenfalls mittlerweile zum Klassiker gereiftes Coupé - ein sportlicher, eleganter, luxuriöser Zweisitzer. Danach sollte es aber bis 2004 dauern, bis mit dem SLR McLaren ein Nachfolger entstand. Ein Konzept, das 2009 mit dem SLS AMG fortgesetzt wurde. Parallel dazu aber hat Mercedes-Benz nie die Stärken des klassischen SL vergessen und ihm 2012 in seiner neuesten Generation ein Denkmal gesetzt.

Dass Technik zu Kunst werden kann, beweist diese Sportwagenikone vom ersten Mercedes 300 SL bis zu seinen aktuellen Nachfolgern. Den Korso wegweisender Automobile hat der 1951 in Stuttgart geborene Fotograf René Staud perfekt in Szene gesetzt. Die aufwändig inszenierten Fotos dekuvrieren geschwungene Kurven, Design und technische Präzision in jedem Detail und vermitteln so die Leidenschaft für ein atemberaubendes Auto. (Gregor Auenhammer/DER STANDARD/Automobil/13.4.2012)