Malia versinkt nach Vorschrift in einem Nina-Simone-Song. Nur dass Nina Simone und Vorschriften nicht zusammengehen.

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Wien - Wer sich an der großen Nina Simone versucht, braucht neben Mut auch das Zeug dazu. Schließlich war die 2003 im Alter von 70 Jahren verstorbene Musikerin so etwas wie eine Jahrhundertkünstlerin. Nina Simone verschmolz Jazz, Rhythm and Blues sowie Songwriter-Kunst und regierte darüber wie wenige andere.

Ihre Adaptionen machten Lieder wie I Loves You Porgy oder My Baby Just Cares For Me erst zu den monolithischen Songs, als die wir sie heute betrachten. Von ihrer Autorität als streitbare Künstlerin, mit der sie sich für die Sache der US-Bürgerrechtsbewegung in den 1960er-Jahren engagierte, gar nicht erst zu sprechen. Wer sich also an das künstlerische Erbe der Simone wagt, braucht mehr als nur Ehrfurcht und den Willen dazu.

Die aus dem afrikanischen Kleinstaat Malawi stammende und in Großbritannien aufgewachsene Sängerin Malia veröffentlichte eben ihr Album Black Orchid, auf dem sie sich Nina Simone annähert. Am Samstag gastierte sie mit diesem Programm im ausverkauften Wiener Porgy & Bess.

Begleitet von einem Trio (Klavier, Stehbass, Schlagzeug) versenkte sie sich in Auszüge von Nina Simones Nachlass. Eröffnet hat sie mit Wild Is The Wind, einer flehenden Ballade, die atmosphärisch andeutete, wohin es in den nächsten beiden Stunden gehen sollte: in intime Songs, mit der Stimme im Zentrum, knapp und unprätentiös arrangiert.

Malia, mit Betonung auf dem "i" ausgesprochen, kopiert nicht bloß die Originale - das wäre vermessen -, sie versucht, Simones Stücken mit einer subjektiven Sichtung gerecht zu werden.

Das gelang ihr in einem Stück wie Feeling Good, in dem die Band erstmals Druck machte und Malias Stimme nicht nur lieblich behübschte. Doch das blieb die Ausnahme. Viele Interpretationen wirkten trotz anschaulich gemachter Emotionalisierung akademisch bis oberflächlich. Malia an Simone zu messen, so weit muss man gar nicht gehen, aber das artig aufgeräumte, propere und rauchfreie Porgy entsprach der Darbietung als raumgebendes Ambiente leider nur zu gut. Man sehnte nachgerade eine verqualmte Jazzbude herbei, in der sich Sängerin und Band gegenüber einem weniger ergebenem Publikum behaupten hätten müssen.

So blieb es ein hübscher Liederabend mit ein paar Längen und einer sympathischen, aber hinter ihren Möglichkeiten bleibenden Sängerin. Andererseits soll man niemandem gram sein, der einen dazu bringt, die Nacht mit Nina-Simone-Alben wie Silk & Soul oder I Put A Spell On You zu beschließen. (Karl Fluch, DER STANDARD, 16.4.2012)