v. l. n.r.: Matthias Wieser (Falkensteiner) , Andreas Glänzer (iProspect Austria), Juliane Cray (Google Österreich), Peter Rathmayr (Krone Multimedia), Dirk Schacht (Plista), Helmut Kammerzelt (FH St. Pölten).

Foto: Harald Kreuzer

"Das wird noch richtig brutal werden in den nächsten Jahren", prognostizierte Matthias Wieser beim Goldbach Round Table zum Thema "Performance Marketing" im Hinblick auf die technische Überlegenheit von Unternehmen wie Amazon oder Zalando, "Unternehmen müssen sich stärker damit beschäftigen, welche Ressourcen sie inhouse aufbauen. Die Online-Marketing-Komponente muss unbedingt im Unternehmen abgebildet werden. Die Lerneffekte sind momentan einfach zu steil."

Der Leiter von Falkensteiner Michaeler Tourism zählt als Vertreter der Tourismusbranche zu den aktivsten Agitatoren im Performance Marketing und traf bei der Diskussionsrunde am Dienstag den Nagel auf den Kopf. Seine Sorgen kreisten um Anwendungen in der Praxis, um Kundenbindung und Verbesserungsmöglichkeiten bei der Messbarkeit.

Ein Drittel der Werbeausgaben

Laut einer Prognose zur Online Werbemarkt Verteilung, die Dirk Schacht vom Werbenetzwerk Plista in seiner einführenden Keynote präsentierte, soll Performance Marketing 2012 im Mediamix 34 Prozent des heimischen Online Werbemarktes einnehmen. Trotz der wachsenden Bedeutung werden die performanceorientierten Methoden zur Kundenbindung nicht nur in klein- und mittelständischen Unternehmen, die vornehmlich mit Restplatzrepertoir jonglieren müssen, kontrovers diskutiert.

Probleme bei der Definition

Schon bei der Definition des Aufgabenfelds spießten sich am Podium die Ansichten. Peter Rathmayr, Geschäftsführer der Krone Multimedia, plädierte für eine Differenzierung zwischen Performance und Branding, da die Messbarkeit in Bezug auf die Faktoren Klick und Echtzeit kaum zu vergleichen sei. Andreas Glänzer, Leiter von iProspect Austria, hingegen bezeichnete die Trennung als künstlich, da allein durch konkrete Zielsetzungen automatisch Performance-Elemente ins Branding spielen würden.

Das "Last-Cookie-Counts"-Modell

Auch Schacht schloss sich in einem Ausblick auf die nächsten Jahre dieser Meinung an: "In Zukunft wird es darum gehen, beides abzubilden, denn im Endeffekt führt das Zusammenspiel zum Abschluss. Deshalb müssen auch unsere Abrechnungsmodelle auf Messbarkeit basieren. Derzeit wird nur das 'Last Cookie' für die Conversion entlohnt, in Zukunft muss anteiliger ausbezahlt werden."

Glänzer führte an, dass seine Agentur bei großen Kunden bereits fallweise den gesamten Prozess entlang der Kette entgegen dem "Last Cookie Counts"-Modell entlohnen würden: "Welche Staffelung man nimmt, wird allerdings immer ein individueller Prozess bleiben."

Tracking und die Datenauswertung

Unbestritten blieben die Vorteile der Datenauswertung beim Performance Marketing. Um die Strukturen des Marktes weiter definieren zu können, müsse man aber mehr Erfahrung sammeln, so der allgemeine Tenor. "Um in einem kleinen Markt wie Österreich valide Erkenntnisse zu sammeln, braucht man eine Datenbasis", sagte Glänzer und spielte den Ball zur Problematik der kleinen Budgets und der Frage, ob sich dort Datenauswertung überhaupt rentiert.

Auch Juliane Cray von Google Österreich forderte mehr Mut zum "Trial and Error": "Unsere vier erfolgreichsten Kunden in Deutschland haben extra Budgets für Tests und nehmen auch mal 20.000 Euro in die Hand, um Dinge auszuprobieren." Wieser hat laut eigenen Angaben in seiner Performance Marketing Karriere viel ausprobiert: "Wir arbeiten mit überschaubaren Budgets über ein paar tausend Euro, messen dann sehr viel und haben uns aus dem Portfolio der vielen Trafficquellen ein Set etabliert. Uns ist die systematische Komponente sehr wichtig."

Der Weg ist das Ziel

Einig waren sich alle Beteiligten über die Wichtigkeit der Zieldefinition, um Conversionraten zu verbessern und Verantwortlichkeiten klar abzustecken. "Es ist nicht egal, woher die Klicks kommen. Oft passt die Wahl der Webseiten nicht mit dem Klickziel zusammen", beschreibt Glänzer die oftmals auftauchende Ambivalenz in der Partnerschaft zwischen Agentur und Medium und auch Wieser fügt hinzu: "Das Problem ist oft die Website, aber der Kunde gibt die Schuld dem Kanal, wenn es nicht funktioniert hat. Diese Kundenerwartungen sind in der Praxis oft ein großes Problem."

Entwicklungsland Österreich

Beim Blick ins Ausland legten die Diskussionsteilnehmer eine allgemeine Schwermut an den Tag. "In Deutschland ist der technische Background schon sehr viel weiter entwickelt", merkte Cray an und bemängelte neben einem Fachkräftemangel die langsame Entwicklung in Österreich: "Hier setzt man nicht einmal einen Adserver oder eine Billingstruktur ein."

Von dieser verschlafenen Entwicklung würden zukünftig die Performance-Agenturen gegenüber den Mediaagenturen profitieren, ist sich die Google Managerin sicher. Auch Schacht zeigte sich zuversichtlich, dass sich die Beratertätigkeiten der Mediaagenturen durch die starken Automatisierungsprozesse des Ad-Trading wie Real-Time-Bidding (RTB), Demand Side Plattformen (DSP) und Sell Side Platforms (SSP) verschieben werden. (Tatjana Rauth, derStandard.at, 17.4.2012)