Wien - Ein Arzt soll die Wiener Drogenszene in großem Stil mit Substitutionsmedikamenten versorgt haben. Der Allgemeinmediziner und seine Mitarbeiter dürften laut Polizei Rezepte für psychotrope Stoffe in größerem Stil an nichtberechtigte Drogenabhängige weitergegeben haben. Außerdem soll er mit E-Cards seiner Patienten der Wiener Gebietskrankenkasse Leistungen verrechnet haben, die er nie erbracht hat. Auf die Spur des Arztes kamen die Ermittler durch einen Drogenabhängigen im Dezember des Vorjahres, der am Karlsplatz beim Verkauf von Somnubene erwischt worden war.

Bei dem 27-Jährigen stellten die Drogenfahnder 80 Stück Somnubene, in einem Schließfach am Westbahnhof weitere 24 Stück Anxiolit sicher. Bei einer Hausdurchsuchung bei dem Verdächtigen entdeckten die Ermittler nicht nur weitere Drogenersatzmittel, sondern auch einen selbst gefertigten Stempel einer Arztpraxis im Westen Wiens.

Nicht erbrachte Leistungen verrechnet

Die Polizisten fanden heraus, dass mit diesem Stempel Rezepte gefälscht wurden, um damit in Apotheken an Drogenersatzmittel zu gelangen. Diese Substanzen wurden an Kunden aus der Suchtgiftszene weiterverkauft. Die Ermittlungen ergaben auch, dass der Verdächtige selbst Patient in der Praxis mit dem betreffenden Stempel war. Die Fahnder durchsuchten die Ordination und fanden 2.428 Tabletten für die Drogenersatztherapie. Laut Polizeisprecher Roman Hahslinger handelte es sich dabei ausnahmslos um Ärztemuster, die nicht in den Handel gelangen hätten sollen.

Darüber hinaus wurden auch E-Cards von 51 Patienten aus der Drogenszene bei dem praktischen Arzt sichergestellt. Damit soll der Mediziner der Gebietskrankenkasse Leistungen verrechnet haben, die er nie erbrachte. Dadurch sollen 120.000 Euro Schaden entstanden sein. Dem Arzt und seinen Mitarbeitern wird darüber hinaus vorgeworfen, Rezepte für Substitutionspräparate an dazu nicht berechtigte Abhängige verschrieben zu haben. War der Mediziner selbst nicht im Haus, dürfte das einfach seine Ordinationshilfe erledigt haben.

Verfahren eingeleitet, Praxis geschlossen

Die Wiener MA 40 (Soziales, Sozial- und Gesundheitsrecht) hatte schon vor einigen Wochen ein Verfahren eingeleitet. Der Arzt wurde aus der Liste der aktuell zur Drogenersatztherapie Berechtigten gestrichen. Ärzten in seiner Umgebung war nach dem Einschreiten der Behörden zunächst aufgefallen, dass plötzlich zahlreiche Drogenpatienten auftauchten, die neue betreuende Ärzte für die Substitutionstherapie benötigten. Zum Teil waren ihnen zuvor offenbar auffällig hohe Dosierungen an Beruhigungsmitteln zusätzlich zu den Opiaten verschrieben worden.

Laut Polizei wurde der Arzt auf freiem Fuß angezeigt. Die Praxis wurde geschlossen (APA, 18.4.2012)