Salzburg- Ein Salzburger Jurist fühlte sich während seiner fünfmonatigen Gerichtspraxis vom Staat finanziell ausgenutzt. Die Bezahlung von rund 850 Euro Netto im Monat reiche nicht einmal aus, um eine Familie zu ernähren. Der Präsident der Richtervereinigung, Werner Zinkl, lässt mit einem Verbesserungsvorschlag aufhorchen: Die Entlohnung sollte an jene der Finanzpraktikanten angepasst werden, die um 200 Euro pro Monat mehr erhalten, sagte Zinkl.

Ausbildungszeit und Lohn gekürzt

Am 1. Juli 2011 trat für das Rechtspraktikum bei Gericht eine neue Regelung in Kraft: Die Ausbildungszeit wurde von bisher neun Monaten auf fünf Monate gekürzt und der monatliche Lohn von rund 1.000 Euro auf rund 850 Euro Netto reduziert. "Die Gehaltsklasse ist beschämend niedrig. Es sollte zumindest das bezahlt werden, was die Finanz für sechs Monate Praktikum zahlt", sagte Zinkl. Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) sei aufgerufen, einmal den Unterschied zwischen Praktikanten in der Justiz und in der Finanz zu erklären.

200 Richter fehlen

Ein Handwerks-Lehrling im dritten Lehrjahr verdiene ebenfalls 800 Euro, strengte Zinkl einen weiteren Vergleich an. Der Rechtspraktikant habe ja ein abgeschlossenes Studium absolviert und schon ein gewisses Alter erreicht, wo meist schon höhere Fixkosten anfallen würden und schon Kinder da seien. Die Gerichte benötigten "einen guten Stock an Nachwuchs", man wolle die Besten finden, den Leuten müsse man aber finanziell etwas bieten. Österreichweit gebe es um 200 Richter zu wenig, erinnerte Zinkl. Fünf Monate Ausbildung biete nicht dieselbe Qualität wie neun Monate. "Die Kürzung war ein unüberlegter Schritt. Das 'Gerichtsjahr' gehört auf neun Monate angehoben, und ich glaube, dass das Gehalt auch dort hingehört, wo es vorher war."

"Kein bewusstes Ausnutzen"

Die Gerichtspraxis ist für all jene verpflichtend, die beispielsweise den Beruf eines Richters, Staatsanwaltes, Rechtsanwaltes oder Notars anstreben. "Die Rechtspraktikanten werden nicht bewusst ausgenutzt", widersprach der Richter-Präsident den Angaben des Salzburger Juristen, der kürzlich sein Gerichtspraktikum abgeschlossen hatte. Die Juristen stünden ja in einem Ausbildungsverhältnis, sie müssten lernen, auch Urteile zu konzipieren.

Der Salzburger hatte kritisiert, dass die Praktikanten häufig Schreibarbeiten übernehmen müssten, die eigentlich Aufgabe der Schreibkräfte seien. "Da wird am falschen Fleck gespart. Es gibt Praktikanten, die keine juristische Frage gelöst und vorwiegend nur Protokolle geschrieben haben."

Befristete Dienstverhältnisse

Nicht tragbar sei auch die gängige Praxis, dass das Ausbildungsverhältnis jener Praktikanten, die sich als Richteramtsanwärter beworben haben, immer wieder auf jeweils vier Monate befristet verlängert werde, bis sie endlich zu einem Gehalt von rund 1.500 Euro netto übernommen werden. "Das kann auch zwei Jahre dauern. Bis dahin erhalten sie aber nicht mehr als 850 Euro netto. Es gibt auch keine Kündigungsfrist, der Praktikant wird statistisch als Sachaufwand geführt. Seine Arbeit ist aber mit der eines juristischen Sacharbeiters vergleichbar. Mit der Verlängerung um das gleiche Gehalt zieht man sich billige Arbeitskräfte heran. Ein Konzipient bei einem Anwalt bekommt rund 1.400 Euro netto."

Begrenztes Budget

Aus dem Justizministerium hieß es, Ministerin Beatrix Karl könne sich ein höheres Gehalt für Rechtspraktikanten vorstellen, das Budget sei allerdings begrenzt. Da nur ein geringer Prozentsatz der Praktikanten in den Dienst der Justiz treten würde, sollten die Anwälte zur Gehaltsanhebung etwas beitragen. Karl wartet auf einen konkreten Vorschlag der Rechtsanwaltskammern. Mit Stichtag 1. März 2012 standen bundesweit 858 Rechtspraktikanten im Dienst der Republik. (APA, 20.4.2012)