Dass andere Regime, die sich im Licht sportlicher Großereignisse sonnen, viel brutaler sind, kann kein Argument für die Durchführung eines Autorennens in Bahrain sein. Auch nicht, dass Handelsbeziehungen in der Regel nicht hinterfragt werden, Sportveranstaltungen aber umso enthusiastischer. Und dass sich der F-1-Zirkus nicht darum schert, dass der Boden, auf dem er seine Zelte aufschlägt, blutgetränkt ist, verwundert jetzt wirklich niemanden. Dass die Aufführung des Spektakels den bahrainischen Machthabern mehr Stabilität verleiht und gewaltigen propagandistischen Gewinn beschert, ist aber eine nicht ganz nachvollziehbare Behauptung.

Tatsächlich liegt es an dieser Veranstaltung, dass sich die sogenannte Weltöffentlichkeit wieder mehr mit den Vorgängen im Insel-Königreich beschäftigt. Wohl können die Sicherheitskräfte den Event dazu nützen, die Opposition unter Hinweis auf die Bedürfnisse der internationalen Gästeschar noch effektiver zu unterdrücken. Andererseits bietet aber gerade diese Präsenz der Opposition großartige Möglichkeiten, die sie nach Lage der Dinge ja auch nützt.

Die Demonstranten entzaubern übrigens auch die millionenschweren Lenkraddreher, die ja als schneidige Burschen gelten. Sie, denen das Regime gar nichts anhaben kann, getrauen sich, die Gewalt auf den Straßen nicht einmal andeutungsweise zu verurteilen. Das sei präsent, wenn am Sonntag ein waghalsiges Überholmanöver gepriesen wird. (Sigi Lützow, DER STANDARD, 21./22.04.2012)