Hochschulpolitik ist in Österreich immer noch ein Stiefkind. Ganz hinten müssen sich die Universitäten anstellen - um schließlich eine geringfügige Erhöhung ihrer Mittel zu bekommen, die jedoch das Anwachsen der Studierendenzahl und die Teuerungsrate in keinster Weise ausgleicht.

Der Minister stellt die Unis vor die Wahl: Wollt ihr mehr Geld, so müsst ihre meine Politik verfolgen, Studiengebühren einzuführen. Töchterle kann das. Sturheit zählt zu seinen Stärken. Die Universitäten sind ausgehungert, bankrott. Sie werden durch die Weigerung der Politik, eine solide Finanzierung der Hochschulen zustande zu bringen, geknebelt, Luft zum Atmen gibt es nur nach den Spielregeln des Ministeriums.

Als einziges politisches Instrument bleibt den Rektoren also nur noch die Einführung der Gebühren - die für den laufenden Betrieb aber aufgrund der unklaren rechtlichen Situation nicht verwendet werden. Sie können die Gesetze nicht machen, durch den Rechtsweg werden Kosten entstehen. Dennoch fordern die Rektoren die Studierenden regelrecht auf, die Unis doch zu klagen. Die Studierenden werden der Aufforderung folgen - müssen. So absurd es klingen mag: So wie für die Rektorate der bewusste Gang in die Rechtsunsicherheit den einzigen Weg zu rechtlich haltbaren Studiengebühren darstellt, ist für die Studierenden eine Klage vor dem Verfassungsgerichtshof der einzige Weg, Klarheit beim Thema Studiengebühren zu bekommen und diese im Idealfall zu verhindern.

Besetzungen der Studierenden sind hier nur noch ein verzweifelter Ausdruck eines Systems, das nicht funktioniert. Der eigentliche Adressat ist Minister Töchterle.

Doch um die Studiengebühren geht es eigentlich nicht: Die Entscheidung, Studiengebühren einzuführen oder nicht, ist nebensächlich. Studiengebühren sind ein Alibithema, das verhindert, dass über das eigentliche Problem, zu wenig Geld für die Hochschulen, ernsthaft geredet wird. Dort, wo ideologische Gräben aufrechtzuerhalten sind, werden sie von der Politik aufrechterhalten. Das ist bei Studiengebühren so, das ist bei der Gesamtschule so.

Bedrohlicher ist nun, dass die Bundesregierung den bewussten Gang in die Rechtsunsicherheit begrüßt. Unter dem Deckmantel der universitären Autonomie wird das Versagen der heimischen Hochschulpolitik auf die Rektoren übertragen. Der Verfassungsgerichtshof soll nun retten, was die Politik hätte retten sollen. Dabei ist Rechtssicherheit eines der höchsten Güter jedes Staates. Auf universitärem Boden wird dieses Gut gerade mit Füßen getreten. (Sebastian Pumberger, derStandard.at, 27.4.2012)