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Die Höchstrichter sind aufgerufen, über vermeintliche oder tatsächliche Steuerprivilegien der Bauern zu befinden.

Foto: APA/Pleul Patrick

Wien - Der Wiener Steuerberater Gottfried Schellmann will zum Verfassungsgerichtshof (VfGH) gehen und die, wie er meint, unterschiedliche steuerliche Behandlung zwischen Kleinunternehmern und Bauern anklagen.

Sparpaket bleibt bei Bauern außen vor

Schellmann hat zusammen mit dem Linzer Steuerrechtsprofessor Georg Kofler im Auftrag der Arbeiterkammer (AK) eine Studie verfasst, die bei den Verhandlungen zum Sparpaket für die Arbeiterkammer Grundlage bei den Verhandlungen um die Streichung von Steuervorteilen war. In der Untersuchung wurden mehrere gravierende Steuervorteile für die Bauern festgemacht, die auch durch die derzeit laufende Feststellung der Einheitswerte nicht aufgehoben werden. Und sie sind auch im Sparpaket nicht eliminiert worden.

Winzer benachteiligt

Auch die Arbeiterkammer hat bei der Präsentation der Studie im September des Vorjahres angedacht, zum Höchstgericht zu gehen, wenn die aus ihrer Sicht falschen Bemessungsgrundlagen nicht aufgehoben werden. Schellmann moniert gleich mehrere steuerliche Ungleichbehandlungen, die es aufzuheben gelte:

- Da ist einmal eine ungleiche steuerliche Behandlung zwischen den Weinbauern und dem Rest der Landwirte. Während die Landwirte (sogenannte Körndlbauern und Tierhalter) in der Regel voll pauschaliert sind, sind die Weinbauern "nur" ausgabenpauschaliert.

"Das ist nicht einzusehen", meint Schellmann. Aufgrund der Berechnungen in der Studie bringt die Vollpauschalierung, die für die allermeisten landwirtschaftlichen Betriebe gewählt wurde, bis zu 15.000 Euro Steuerersparnis im Jahr.

- Auch die Einheitswerte, die bekanntlich zuletzt 1988 überprüft wurden, geißelt der streitbare Steuerexperte, der Vorsitzender der Confédération Fiscale Européenne ist, einer Organisation europäischer Steuerberater. Bei den Einheitswerten, die nun in umfangreichen Bewertungsarbeiten auf den neuesten Stand gebracht werden sollen, sei nicht nur die Bemessungsgrundlage selbst veraltet, weil schon lange nicht runderneuert. Auch sei die Art der Steuerbemessung umständlich und wird in dieser Form deshalb von keinem Land Europas als Grundlage für Abgaben und Beiträge verwendet.

"Einheitswerte mit den dafür notwendigen Bodenbewertungen sind ein aufwändiges bürokratisches System." So wie in Österreich würden deshalb nirgendwo mehr Besteuerungsgrundlagen ermittelt. In Bayern habe man sich um die Jahrtausendwende deshalb davon verabschiedet und stattdessen, wie in jedem Wirtschaftszweig, die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung eingeführt.

- Die vom vorherigen Landwirtschaftsminister Josef Pröll (VP) eingeführte Erhöhung der Wertschwellen von 65.500 Euro auf 100.000 Euro sei vom VfGH ebenfalls zu hinterfragen.

Schellmann bezeichnet dies als einen "besonders impertinenten Akt", da anlässlich eines Sparpakets noch schnell die Einheitswerte und damit die Vollpauschalierung einzementiert worden seien. (Johanna Ruzicka, DER STANDARD, 30.4./1.5.2012)