Aus Kristian Fenzls Serie "Paraiso": Unreflektiertes Thematisieren des weiblichen Körpers.

Foto: Galerie H

Enns - Dass Kristian Fenzl als ein Pionier der österreichischen Designgeschichte gilt, ist unbestritten. Schweißmaschinen für Fronius, Straßenwalzen für die Voest oder die Panther-Löschfahrzeuge der Firma Rosenbauer hat er gestaltet. 1991 erhielt er den österreichischen Staatspreis für Design. Aber immer schon hat Kristian Fenzl auch gemalt, ist etwa für die Serie Landscapes bekannt.

Nun präsentiert der 1946 in Wels geborene Universitätsprofessor seine aktuelle Serie mit dem Titel Paraiso in der Galerie H in Enns. Einerseits großformatige, abstrakte Werke, andererseits die im Fokus stehenden Bilder von nackten Frauenkörpern. Die Vorlagen findet Fenzl im Internet. Er bearbeitet sie zunächst digital - und später auf der Leinwand analog mit weißer, durchschimmernder Farbe. Wie ein Schleier legt sich diese über Brüste, Schenkel und Köpfe. Damit lässt er die Frauen "gleichsam als kostbare Preziosen erscheinen". Und der Kunsthistoriker Bernhard Barta im Begleittext weiter: "Weiß symbolisiert die Unbeflecktheit der verschleierten Frau."

Fenzl befleckt vielmehr nackte Frauenkörper mit Unschuld. Dies ist keine künstlerische Bearbeitung, die in einem für Betrachter erkennbaren Bewusstsein darüber handelt, dass die Darstellung des nackten Frauenkörpers in der Kunst - zumeist Heilige oder Hure - seit etlichen Jahren auch auf einer emanzipatorischen Ebene diskutiert wird. Würde Fenzl sich auf die Darstellung des Gefundenen und Verletzten beschränken, unbehandelt und ungeschönt, könnte man aus schonungsloser Darstellung sogar eine Form von Kritik ableiten.

Aber mit dem "Schleier der Unbeflecktheit", erhebt sich der männliche Künstler zum Beschützer weiblicher Nacktheit. Diese Position weist den Frauen, die ihren Körper im Internet professionell darstellen die Rolle der Hilfsbedürftigen, Schutzlosen zu. Das stellt letztendlich ihre im besten Fall freiwillige und bewusste Entscheidung, ihren Körper als Kapital zu nutzen, infrage.

Die Auseinandersetzung mit dem weiblichen Körper in der Gegenwartskunst bleibt in Fenzls Bildern ebenso unreflektiert wie der männliche Blick auf den nackten Frauenkörper. Wo sich andere Künstler - und vor allem Künstlerinnen - mit dem eigenen, verletzlichen Körper auseinandersetzen, greift Fenzl auf gefundenes Material zurück. Wo andere nach einer - auch theoretischen - Auseinandersetzung mit Themen wie Lust, Begierde, Erotik zu einem prozesshaften Ergebnis kommen, zieht Fenzl mal eben schnell den neckischen Dessous-Schleier der Unschuld über anonyme, aber intime Körperdarstellungen. (Wiltrud Hackl, DER STANDARD, 3.5.2012)