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Protest gegen ACTA in Wien

Foto: APA

Dem "Recht auf Wissen" widmet sich in den kommenden beiden Tagen eine gemeinsam von SPÖ, SPD und S&D veranstaltete Tagung in Wien. Ein zentrales Thema wird dabei die derzeit viel diskutierte Reformierung des Urheberrechts sein. Als Festrednerin für die Eröffnung im Parlament konnte die US-amerikanische Rechtsprofessorin für Digitalisierung und Urheberrechtsexpertin Pamela Samuelson gewonnen werden, die am Donnerstag bei einem Hintergrundgespräch die "Anerkennung der Bedeutung von Public Domain", also öffentlichem Besitz, in Bezug auf Urheberrecht im Internet hervorstrich - und zum kontroversiellen ACTA-Abkommen deutliche Worte fand: "Das sollte uns alle beunruhigen."

"Extrem intransparenter und hochgradig undemokratischer Vorgang"

Bedenklich ist ihrer Ansicht nach "sowohl dessen Substanz wie auch die Entstehungsgeschichte und das, was aus ACTA folgen könnte". Die Verhandlungen zwischen den USA und der EU hätten sich als "extrem intransparenter und hochgradig undemokratischer Vorgang" präsentiert, so Samuelson. Als Ziel sei eine "Ausweitung der derzeit vorhandenen gesetzlichen Grenzen" bei Urheberrechtsverstößen gestanden, die auch strafrechtliche Verfolgung beinhalte. Aber: "Wofür wollen wie das Strafgesetz anwenden? Sollten Filesharer wirklich ins Gefängnis?"

Als Professorin an der Berkley Law School & School of Information stünde sie natürlich für einen respektvollen Umgang mit dem Urheberrecht, aber Beispiele wie der Fall von Jamie Thomas-Rasset, die 2010 für den illegalen Download von 24 Songs zu einer Zahlung von 1,92 Mio. Dollar verurteilt wurde (die Summe wurde mittlerweile herabgesetzt), seien mit Gründe, warum die junge Generation das Urheberrecht nicht ernst nehme, so Samuelson. Außerdem seien kreative Verwertungen von urheberrechtlich geschütztem Material nicht zwangsweise verurteilt oder kriminalisiert werden, liegt hier doch oft ein eigenständiger Wert vor, was etwa in den USA unter der "Fair Use"-Doktrin zusammengefasst wird.

Überraschung

Und Informationen aus der sogenannten Public Domain seien heutzutage kaum noch aus unserem Alltag wegzudenken, wie Samuelson mit Verweis auf diverse Applikationen für Smartphones betonte. Ein Beispiel dafür wären auch Daten, die von Regierungen zur Verfügung gestellt werden, etwa über den aktuellen Straßenverkehr, die wiederum über iPhone und Co den Weg zu den Nutzern finden. Der durch den freien Informationsfluss entstandene Wettbewerb sei des weiteren "eine der größten Überraschungen und auch Nutzen des digitalen Umfelds, in dem wir uns befinden. Was natürlich nicht heißt, dass alles frei zugänglich sein sollte".

Einer Kulturflatrate steht sie im Gegenzug zu der in Österreich aktuell wieder aufs Tapet gebrachten Forderung nach einer Festplattenabgabe sehr positiv gegenüber. "Es wäre die beste Möglichkeit, das Filesharing-Problem zu lösen", so Samuelson, würden doch die Nutzer damit nicht mehr zu Kriminellen gemacht. Allerdings sieht sie die Zeit dafür bereits verstrichen, "auch wenn ich gerne eine Umsetzung davon gesehen hätte. Ich bin eigentlich überrascht, dass die Unterhaltungsindustrie diese Idee nicht aufgegriffen hat. In den vergangenen zehn Jahren ist ihr dadurch viel Geld entgangen."

Schutz für Konsumenten

Für die Festplattenabgabe sei es wiederum "sehr schwierig, ein faires System zu entwickeln. Wem soll man wie viel geben?" Auch die administrativen Kosten für ein derartiges Vorhaben seien nicht zu unterschätzen. Und obwohl bei einer Kulturflatrate ebenfalls die Frage der Fairness zu bedenken wäre, bestünde hier der Vorteil, dass die Konsumenten davor geschützt wären, Recht zu verletzen. (APA, 3.5.2012)