Das TV-Duell der französischen Präsidentschaftskandidaten vier Tage vor der Stichwahl war ein hartes, gespanntes, bisweilen aggressives Wahlkampffinish. Selten zuvor hatte dieses Ritual eine ähnliche Intensität erreicht. Der Höhepunkt eines monatelangen und erbitterten Wahlkampfes wurde zum Kondensat der Lage der Nation: Frankreich steht selbst unter Spannung, und das sowohl sozial - Stichwort Krise - als auch politisch - Stichwort Le Pen. Immerhin sprachen Nicolas Sarkozy und François Hollande diese Probleme erstmals wirklich an. Und ihre klassische Rechts-links-Debatte verlief inhaltlich und rhetorisch auf hohem Niveau.

Doch wie im Fußball interessiert letztlich nur die Frage, wer gewonnen hat. Die Antwort ist klar: unentschieden. Und das begünstigt eher Hollande. Sein Ziel war es, gegen den gewieften Rhetoriker Sarkozy zu bestehen. Gerade weil der Amtsinhaber stark war und zu Beginn souveräner wirkte, kann es sich der Sozialist anrechnen, den Ansturm zumindest gut pariert zu haben.

Im Nachhinein zeigt sich: Das TV-Duell war Hollandes letzte und schwierigste Wahlkampfprüfung - und er hielt dem Druck stand. Damit bewies er der Nation, dass er kein Leichtgewicht, sondern "präsidential" ist. Das heißt noch nicht sicher, dass er am Sonntag auch wirklich siegen wird. Aber es heißt, dass in den Augen der Franzosen nichts mehr dagegen spricht, ihm die Stimme zu geben. (Stefan Brändle, DER STANDARD, 4.5.2012)