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Die Haxeltiere sind wieder da.

Foto: APA/Patrick Pleul

Die Haxeltiere sind wieder da. Und wie! Kaum ist es über einen längeren Zeitraum ein wenig wärmer draußen, kriechen die Haxeltiere aus ihren winterlichen Verstecken, schälen sich aus ihren Puppenhäuten und suchen nach frischer Nahrung. Die Zeit der Tiefkühlkost scheint vorbei, der Tisch ist mit frisch zubereiteten Speisen gedeckt. Weil Frank O. Gehry uns gelehrt hat, das Außen nach innen zu holen, lassen auch wir Gartler gerne einmal den Garten in unsere Vierwänd' herein.

Mit Entzücken vernimmt der Gartler dann den hysterischen Schrei seiner Gartlerin, wenn sie des Morgens eine handtellergroße Hausspinne in der Badewanne sichtet; mit Wohlwollen goutiert er das nervige Gekeppel, dass die Ameisen in der Küche überhand nehmen würden, und mit ein wenig Sorge schnuppert er selbst in der Kammer des Glücks, der Speis, ob es nicht ganz leise würzig-stechend nach Mäusen duften würde.

Superorganismus

Solange jedoch Bissspuren am Mehlpackerl fehlen und keine schwarzen Bemmerln auf den Holzregalen aufgefädelt liegen, bleibt er beruhigt. Er lässt die Natur gerne in die Wohnung herein, lässt doch auch sie ihn zu sich heraus. Die Ameisen sieht er besonders erfreut, denn sie leben das Ideal einer Gemeinschaft, in der sich der Einzelne für das Gesamte aufgibt, ohne dabei an Wertigkeit zu verlieren. Man spricht auch von einem Superorganismus, in dem jede einzelne Ameise theoretisch allein überlebensfähig ist, sich die Individuen allerdings so eng spezialisiert haben, dass sie tatsächlich nur noch in der Gemeinschaft langfristig überleben können. 

Diese Gemeinschaft kann man als einen Organismus betrachten, dessen Zellen die Ameisen sind. Dieser Superorganismus kann recht groß sein. Der größte, beschriebene Superorganismus erstreckt sich über 5700 Kilometer die Mittelmeerküste von Nordspanien bis Italien entlang, beachtlich. Während man über so etwas nachdenkt, hat man auch schon wieder zehn Quadratmeter Unkraut gejäht. Ameisen gehören zum Fantastischstem, was der Planet Erde zu bieten hat.

Wer es nicht glaubt, soll das Buch Ameisen der Biologen Hölldobler und Wilson lesen, er wird dann nicht mehr auf die Tipps zu deren Bekämpfung der Umweltberatung zurückgreifen. Dort steht unter "sanfte Bekämpfungsmethoden", dass man sie mit Backpulver zum Platzen bringen könne oder mit scharfkantigem Substrat so verwunden könne, dass sie in Folge vertrocknen. Nett, Gratulation, welche sind dann die weniger sanften Methoden bitte schön?

Ekel ist unbegründet

Aber auch die Spinnen sind herzlich willkommen, sind sie doch die wahren Feiglinge unter den pelzigen Krabblern. Kaum sehen sie einen, verstecken sie sich schon, so groß können sie gar nicht sein. Die Nähe des Menschen suchen sie eigentlich nur, weil es der gerne ein bisserl warm um sich herum hat und abends das Licht aufdreht. Sonst tun sie eh alles, um ihm nicht in die Quere zu kommen. Die nachtaktive, große Hausspinne Tegenaria (eigentlich Winkelspinne) lebt in den unzugänglichsten Winkeln, die möglichst nicht einsehbar sind und versteckt sich dort tagsüber. In der Nacht jedoch kann man die großen Exemplare schon auf dem Parkett laufen hören, speziell wenn sie Schuhe tragen.

Was sowohl Ameise, aber auch Spinne gemein ist: Sie entsorgen, wozu wir nicht imstande sind. Die Ameisen räumen die Brösel und andere Essensreste weg, die über Nacht liegen geblieben sind. Die Spinnen schnappen sich jene Insekten, die auch sonst nichts im Haus verloren hätten. In Summe kann man sagen, dass der Ekel unbegründet ist und man für die Unterstützung im Haushalt dankbar sein sollte. (Gregor Fauma, Rondo, DER STANDARD, 4.5.2012)