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Grafik: APA

Wien - Ein Jahr nach der Öffnung des österreichischen Arbeitsmarktes für Arbeitnehmer aus acht osteuropäischen EU-Staaten waren 26.800 zusätzliche unselbstständig Beschäftigte aus diesen Staaten in Österreich tätig. 25.000 zusätzliche Arbeitskräfte waren erwartet worden. So genau hätten Prognose noch selten gestimmt, sagte AMS-Chef Johannes Kopf am Montag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ), ÖGB-Präsident Erich Foglar und AK-Präsident Herbert Tumpel.

Die Arbeitslosenquote ist dadurch rechnerisch um 0,08 Prozentpunkte (von 6,62 auf 6,7 Prozent) gestiegen. Befürchtungen vor einer Massenzuwanderung oder Verdrängung von österreichischen Arbeitern hätten sich nicht bewahrheitet, betonte Hundstorfer. Wenn dann würden am ehesten neue Zuwanderer alte Zuwanderer verdrängen. Nur in "ganz ganz kleinen Bereichen" in der Nähe zur Grenze nach Ungarn, der Slowakei oder Tschechien habe es punktuell Arbeitsmarktprobleme gegeben. Branchenmäßig seien Gastronomie und Bau betroffen. Trend sei dies aber keiner. Auch für die nächste Zeit erwartet Kopf keine Probleme: Nur wenn es Jobs gebe, werde es auch einen Zuzug von Arbeitskräften geben.

Ost-West-Gefälle

Klarerweise gibt es ein Ost-West-Gefälle. Im Burgenland stammen 13 Prozent aller unselbstständig Beschäftigten aus den acht osteuropäischen Staaten, die 2004 der EU beigetreten sind: Ungarn, Slowenien, Tschechien, Slowakei, Polen, Estland, Lettland und Litauen. In Niederösterreich und Wien sind es jeweils vier Prozent, die Steiermark liegt genau im Österreich-Schnitt von drei Prozent, ein bis zwei Prozent sind es in den anderen Bundesländern. Zum Vergleich: Insgesamt kommen (März 2012) 15 Prozent aller unselbstständig Beschäftigten in Österreich aus dem Ausland, Spitzenreiter sind Wien und Vorarlberg mit jeweils 21 Prozent. Im Burgenland sind es 18 Prozent. In absoluten Zahlen waren damit 515.000 der insgesamt 3,4 Mio. Arbeitnehmer Ausländer. Aus dem acht Osteuropäischen Staaten zusammen stammten 100.000 Arbeitskräfte - gleich viele wie aus Deutschland.

In einer Tagung im ÖGB-Haus in Wien wurden am Montag gleich vier Studien über die Auswirkungen der Öffnung des Arbeitsmarktes präsentiert. Einhellige Meinung: Es gab keine Probleme. AMS-Chef Kopf sieht mehrere Gründe, warum die Arbeitslosigkeit trotz des Zustroms von Arbeitskräften nicht gestiegen ist: Laut Wifo-Schätzung sind 2.000 bis 3.000 Jobs nur legalisiert worden, die Menschen hatten also vorher schon hier gearbeitet, allerdings illegal. Außerdem gab es in Österreich noch offene Stellen, die vorher nicht besetzt werden konnten. Der Zustrom von Arbeitskräften habe auch zu mehr Arbeitsangebot geführt.

Zustrom

Für die öffentliche Hand habe der Zustrom 350 Mio. Euro mehr an Steuern und Sozialabgaben gebracht. 40 Prozent der Beschäftigten aus den Ost-Staaten pendeln, 60 Prozent lassen sich nieder. Für sehr viele ist Arbeit in Österreich aber ein Übergangsphänomen: Im Laufe des Jahres waren über 50.000 Menschen aus den acht Staaten neu in Österreich beschäftigt, am Stichtag waren aber nur mehr die Hälfte hier. Ganz dramatisch wichtig sind Osteuropäer für die Landwirtschaft: Rund die Hälfte der Arbeiter in dieser Branche kommt aus diesen EU-Staaten.

"Diese oder nächste Woche" soll auch die Liste jener Berufe vorliegen, die als Mangelberufe gewertet werden und daher zur Einwanderung im Rahmen der Rot-Weiß-Rot-Card berechtigen sollen, kündigte Hundstorfer bei der PK an. Es werde sich aber um eine "kleine Liste" mit "rund 20 Berufen" handeln.

Auch Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl begrüßte die Ostöffnung des Arbeitsmarktes. "Die Öffnung des Arbeitsmarktes gegenüber acht mittel- und osteuropäischen EU-Mitgliedern im Mai 2011 hat Österreich genützt, nicht geschadet. Die Ängste vor einem Massenansturm an Arbeitskräften waren weit überzogen. Diese Erwartung der Wirtschaft wurde heute durch Untersuchungen von Sozialministerium und Arbeitsmarktservice eindrucksvoll bestätigt", schreibt er am Montag in einer Aussendung. Die Maßnahme sei ein erster Schritt zur Behebung des Fachkräftemangels gewesen, weitere Schritte seien aber nötig. (APA, 7.5.2012)