In der Causa Grasser gibt es neue belastende Aussagen. So habe der Ex-Kabinettschef des ehemaligen Finanzministers "seine entlastende Aussage zulasten Grassers abgeändert". Das sagt Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek in einem Interview mit der Wochenzeitung "Falter."

Pilnacek bietet Einblick in den Stand der Ermittlungen im Fall Grasser: "Wir gehen bei Herrn Meischberger (Grassers Trauzeuge und BUWOG-Lobbyist, Anm.) davon aus, dass ein Teil dessen, was er zu Protokoll gibt, nur eine Deckungshandlung für einen anderen darstellt", so der Justizsektionschef, der über die Anklage in Politcausen mitentscheidet. Pilnacek: "Erinnern wir uns an den legendären Satz: 'Wo war mei Leistung', er zeigt offenbar, dass für Provisionen nichts geleistet wurde. In Deutschland gibt es eine Judikatur, die das Einrichten schwarzer Kassen als Untreue bewertet."

Auf die Frage, ob es noch eine Kronzeugenregelung für Beschuldigte im Fall Grasser geben kann, sagt Pilnacek: "Nein, dafür ist es jetzt zu spät." Aber allgemein könne "ein Geständnis die Strafe ganz massiv herabsetzen".

Strasser-Anklage vor Sommer

Pilnacek sagt im Interview auch, dass der ehemalige Innenminister Ernst Strasser (ÖVP) noch vor dem Sommer wegen Bestechlichkeit angeklagt werden dürfte: "Ich schätze, dass wir vor dem Sommer eine Entscheidung treffen werden." Auf die Frage, ob es noch möglich sein werde, dass der Fall eingestellt wird, sagt Pilnacek: "Ich würde die Variante eher anzweifeln."

Der damalige EU-Abgeordnete Strasser war von zwei Journalisten der "Sunday Times" dabei gefilmt worden, wie er 100.000 Euro für das Einbringen eines Gesetzes forderte. Strasser bestreitet die Vorwürfe.

Diversion für Korruptionsverfahren

Pilnacek fordert weiters eine Diversion für Korruptionsverfahren: "Ich denke, dass wir in großen Korruptionsverfahren auch an die Möglichkeit von Settlements denken sollten. Ich blicke hier nach Deutschland, wo zum Beispiel der Elektronikkonzern Siemens mit der Staatsanwaltschaft Deals abgeschlossen hat, um ein Verfahren schneller abzuschließen. (...) Ich denke, dass man darüber noch nicht qualitätsvoll diskutiert hat." (red, derStandard.at, 8.5.2012)