In den 1970er- und 1980er-Jahren gab es viele spektakuläre Hausbesetzungen. Jene in der Aegidigasse wurde 1988 mit Polizei und Bagger aufgelöst.

Foto: Robert Newald

Wien - In der Lindengasse in Wien-Neubau klafft ein Riesenloch. Nummer 60-62, wo im vergangenen Herbst freie Kunstschaffende im Rahmen einer Hausbesetzung ihr "Epizentrum" eingerichtet hatten, ist abgerissen. Die neue Aussicht können die Anrainer in den Häusern dahinter aber nur kurz genießen, die Liegenschaftseigentümerin Buwog errichtet ein neues Wohnhaus.

Die jungen Künstler sowie Aktivisten aus der Occupy-Bewegung zogen weiter, sie mussten aber auch ein Haus in der nahegelegenen Westbahnstraße aufgeben. Mit zwei Eigentümern von leerstehenden Häusern, die in absehbarer Zeit renoviert werden sollen, konnten aber Übergangsnutzungen vereinbart werden. Seither ist das Grätzel vorübergehend um einige Ateliers und Designwerkstätten reicher.

Sechs polizeiliche Räumungen 2011

Im Vorjahr haben die Versuche, leerstehende Häuser zu nutzen, ohne die Besitzer um Erlaubnis zu fragen, wieder zugenommen. Laut Polizei gab es sieben Hausbesetzungen (heuer bisher zwei), in sechs davon kam es zu polizeilichen Räumungen. Letztere können nur auf Verlangen der Besitzer durchgeführt werden. Die Polizei springt aber nur ein, wenn die Eigentümer mit der Situation überfordert sind, oder die Besetzer die öffentliche Ordnung zum Beispiel mit lauter Musik stören.

In Wien gibt es viele Beispiele dafür, dass aus Hausbesetzungen erfolgreiche Projekte wurden, darunter das Amerlinghaus, die Arena, das Wuk, das Flex und die Sargfabrik. Das Wien Museum zeigt in der aktuellen Ausstellung "Besetzt!" den Kampf um Freiräume seit den 1970er-Jahren - mit vielen Beiträgen von STANDARD-Fotograf Robert Newald. (simo, DER STANDARD, 10.5.2012)