Linz/Wien - Justizministerin Beatrix Karl hat zwar bei der Eröffnung des 18. Österreichischen Juristentages bereits Skepsis gegenüber gesetzlichen Regelungen für Lebensgemeinschaften geäußert. In der Arbeitsgruppe Zivilrecht wurde aber einmal mehr der Ruf danach laut - wobei die Wissenschafter aber unterschiedlicher Ansicht über die zu regelnden Bereiche waren.

Nichteheliche Lebensgemeinschaften würden immer häufiger, sie dauern verhältnismäßig lange und häufig gibt es auch gemeinsame Kinder. Das sind für die Sozialwissenschaftlerin Ulrike Zartler und den Familienforscher Olaf Kapella Argumente für eine stärkere rechtliche Regelung dieser Lebensform. Solche halten sie vor allem für zwei Bereiche nötig: Wenn es gemeinsame Kinder gibt und zum Schutz des (wirtschaftlich) schwächeren Partners.

Die Familienrechtsexpertin Astrid Deixler-Hübner (Uni Linz) plädierte für Regelungen vor allem für den Fall der Trennung. Denn hier trete das Regelungsmanko besonders deutlich zutage. Mangels gesetzlicher Bestimmungen könnte ein Partner, der dem anderen beträchtliche Zuwendungen zukommen ließ, nach der Auflösung der Lebensgemeinschaft "letzten Endes mit leeren Händen dastehen". Denn die bestehende Möglichkeit eines Partnerschaftsvertrag werde selten genützt.

Zur "Ehe ohne Trauschein" gibt es nur "marginale Regelungen" - etwa im Sozialversicherungs-, Steuer- oder Verfahrensrecht. Das rechtliche Innenverhältnis der Lebensgefährten sei ein "nahezu rechtsfreier Raum" - ohne Unterhalts- oder Erbrecht, ohne Beistandspflicht, beschrieb Deixler-Hübner die Lage.

Dabei ist die Zahl nichtehelicher Lebensgemeinschaften in den vergangenen Jahrzehnten markant gestiegen. 1980 hatten nur vier Prozent der Familien diese Form gewählt, 2010 waren es 14 Prozent. Vor 30 Jahren gab es in 48 Prozent der Lebensgemeinschaften Kinder, 2010 in 44 Prozent. Aktuell sind 6,3 Prozent der Familien nichteheliche Lebensgemeinschaften mit Kindern und 7,9 Prozent ohne Kinder. Jedes vierte Kind wird unehelich geboren, mehr als die Hälfte der Erstgeborenen hat unverheiratete Eltern, berichteten Zartler und Kapella. (APA, 11.5.2012)