Marktl am Inn kennt man innerhalb der Glaubenskongregation. Ein Minimum an bayrischer Ortskunde ist Pflicht, um nicht im Gespräch mit dem Chef irgendwann vielleicht einmal blank wie Weißwursthaut zu sein. Aber Stützenhofen? Es wird wohl eine Zeit gedauert haben, bis sich die 30 Mitglieder des römischen Gremiums im Bezirk Mistelbach zurechtgefunden haben. Doch man hat letztlich den Ort der Sünde ausgemacht. Für den Wiener Erzbischof ist seine kleinste Pfarrgemeinde damit endgültig zu einem seiner größten Probleme geworden.

Was am 21. März 2012 mit einem satten Votum für einen schwulen Pfarrgemeinderatskandidaten begann und eigentlich bei einer Aussprache zwischen Leberknödelsuppe, Naturschnitzel und Torte im erzbischöflichen Palais positiv beigelegt hätte werden sollen, ist heute eine Zerreißprobe für den Kardinal. Die Entscheidung, die Wahl in Stützenhofen entgegen geltendem Kirchenrecht nicht zu beeinspruchen, war mutig. Der liberale Flügel spendete Applaus. Einen konservativen Pfarrer, der verärgert den Talar an den Nagel hängt, kann man da schon verschmerzen.

Fraglich ist, inwieweit der Weisel aus Rom einkalkuliert war. Die zweite Instanz hinter dem Papst ist hörbar verschnupft. Schönborn muss jetzt rasch die Kurie besänftigen - ohne sich dabei in Österreich neuen Ärger aufzuhalsen. Doch der Spagat zwischen Haltung und Demut wird wohl mit einer Schnitzl-Jause nicht zu bewältigen sein. (Markus Rohrhofer, DER STANDARD, 14.5.2012)