Hans Rosling posiert vor einer seiner Statistiken: ein talentierter Geschichtenerzähler.

Foto: Gapminder

Hans Rosling schaut eigentlich nicht so aus wie jemand, der ein großes Publikum begeistern könnte. Der 63-jährige Arzt aus Uppsala in Schweden wirkt eher wie ein biederer Bücherliebhaber, der sich monatelang hinter seiner Lektüre verschanzen kann, ein Bürokrat, aber sicher nicht wie ein Star. Dennoch ist er nicht nur Professor für internationale Gesundheit am renommierten Karolinska-Institut in Stockholm, sondern auch der wohl bekannteste Wissenschafter in Schweden, vielleicht sogar in ganz Skandinavien.

Rosling hält Vorträge, in denen er die Welt erklärt und anregt, sie unter einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Die Themen: Weltbevölkerung, Hunger, Krankheiten, Gerechtigkeit. Auf einem Bildschirm sind dabei Statistiken und Trends abzulesen. Die bewegten Grafiken, Animationen, werden dank der Software Trendalyzer geliefert, die Roslings Unternehmen Gapminder entwickelt und mittlerweile an Google verkauft hat.

Ein erstes Gespräch zwischen dem schwedischen Forscher und den Chefs des IT-Konzerns fand übrigens auf einer TED-Konferenz statt. Das jährlich stattfindende Treffen von Wissenschaftern, Politikern und Visionären widmet sich Ideen, die es wert sind, verbreitet zu werden. Videos von den besten Vorträgen sind auf der Konferenzwebsite von TED abrufbar. Eine Teilnahme an diesem exklusiven Kreis kostet allerdings mehrere tausend Dollar.

Legendärer Vortrag

Rosling hielt hier einen heute bereits legendären Vortrag über die viel zu simple Unterscheidung zwischen Entwicklungs- und Hochindustrieländern. Er verwendete dafür blaue und grüne Plastikschachteln, wie sie das schwedische Möbelhaus Ikea anbietet.

Am Ende wurde er in der Inszenierung so dramatisch wie ein talentierter Erzähler am Höhepunkt seiner Geschichte. Er verfolgte die Grafikanimation, fuchtelte mit seinen Händen, um letztlich auf die Überlebenschancen von Kindern zu sprechen zu kommen und zu sagen: Das Fundament der Welt müssten die Industriestaaten bleiben, die in der alten Unterscheidung als entwickelt galten. Die blaue Ikea-Schachtel stand unter den zahlreichen grünen.

"Mind-blowing". So bezeichnete das Journal Foreign Policy Roslings Vorträge. Der Mediziner war auch Berater der Weltgesundheitsorganisation WHO und des Kinderhilfswerks Unicef. Hier konnte er seine Erfahrungen aus Arbeiten über Landwirtschaft, Gesundheit und Armut in Afrika, Asien und Lateinamerika einbringen. Rosling forschte in diesem Zusammenhang auch zum Thema HIV.

Sein Engagement wurde laut Spiegel durch eine Begegnung initiiert, die er 1967 als junger Medizinstudent mit Eduardo Mondlane, dem Anführer der Befreiungsfront Mosambiks, hatte. Später arbeitete er als Arzt in Afrika. Bis heute macht er auf Ungerechtigkeiten, die auf diesem Kontinent geschehen, aufmerksam. Rosling tritt weltweit als Berater und Vortragender auf - und hält dabei seine Community zum Beispiel via Twitter auf dem Laufenden. Er gibt dabei Hinweise, wie die Welt besser werden könnte. (pi, DER STANDARD, 16.5.2012)