Der U-Ausschuss tagt im Lokal VI im Parlament: Ruhe herrscht selten, die Abgeordneten wollen sich Ende Mai bereits dem dritten Beweisthema widmen.

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Wien - Die Geschichte des digitalen Behördenfunks in Österreich ist eine Geschichte des Scheiterns. Undurchsichtig und langwierig, festzumachen nur an den Jahreszahlen: Tetron sollte bis 2005 österreichweit einsetzbar sein. Es ist bis heute nicht fertig. Die nächste Deadline ist 2015.

Nun führt der parlamentarische U-Ausschuss die Errichtung des digitalen Polizeifunkssystems als Beweisthema drei; ab Anfang Juni sind Zeugen geladen.

Denn den Weg zum Nichterfolg pflastern eine fragwürdige Neuausschreibung unter dem damaligen Innenminister Ernst Strasser, hohe Provisionszahlungen, eine Klage gegen und ein Vergleich mit der Republik Österreich sowie explodierende Kosten.

Doch der Reihe nach: Unter dem Projektnamen "Adonis" wurde der digitale Blaulichtfunk (BOS) von der Republik Österreich erstmals im Herbst 2001 ausgeschrieben. Den Zuschlag erhielt im April 2002 "Mastertalk", ein Konsortium aus Siemens, Raiffeisen Zentralbank und Verbund.

Der Auftragswert lag bei 310 Millionen Euro. 2003 entschied sich Strasser dazu, den Auftrag neu auszuschreiben - moniert wurden Zeitverzug, technische Probleme und fehlende Finanzierungsnachweise. Mastertalk hatte zu dem Zeitpunkt bereits investiert und klagte die Republik. 2006 kam es zu einem Vergleich, Österreich zahlte dem Konsortium 29,9 Millionen Euro.

2004 erhielt ein Konsortium aus Motorola und Alcatel den Zuschlag (Telekom Austria zog sich zurück, fungierte aber als Netzbetreiber, der Netzentgelte von 50 Millionen Euro lukrierte). Lobbyiert für das Motorola-Konsortium hat Alfons Mensdorff-Pouilly, steht in einer vom jetzigen Telekom-Management übermittelten Sachverhaltsdarstellung.

Ernst Strasser vorgeladen

Dafür soll er von der Telekom 1,1 und von Motorola 2,2 Millionen kassiert haben - konkrete Gegenleistungen sind nicht dokumentiert. Mensdorff-Pouilly soll Strasser samt Kabinett zumindest zweimal auf Kosten der Telekom zur Jagd nach Luising eingeladen haben, berichtete Profil.

Prominentester Zeuge im U-Ausschuss ist folgerichtig auch Strasser selbst - er ist für 5. Juni geladen. Der Ausschuss hat Ladungen für 30. Mai, 1., 5. sowie 6. Juni beschlossen. Auskunft erteilen sollen neben Beamten des Innenministeriums etwa der damalige Projektleiter Peter Skorsch, sowie Rechnungshofprüfer und der Leiter der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn.

Tetron ist bis dato nur in Wien, Niederösterreich und Tirol funktionstüchtig. In der Steiermark ist es im Aufbau, mit den anderen Ländern gibt es Gespräche. (nik, DER STANDARD, 19./20.5.2012)