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Nicht alle streng riechenden Deals und Provisionen der Telekom sind auch strafrechtlich relevant

Foto: REUTERS/Bader

Wien - Einen dubiosen Immobiliendeal der Telekom Austria (TA) könnte der U-Ausschuss morgen, Montag, und Dienstag erhellen: den Verkauf der Liegenschaft Nordbergstraße 15 im neunten Wiener Bezirk. Das ehemalige Direktionsgebäude wurde 2003 unter dem damaligen TA-Chef Heinz Sundt um 30,5 Millionen Euro an ein Konsortium der Baufirmen Porr und Kallinger verkauft, das es umbaute und zwei Monate später mit Millionengewinn an einen auf Investments in Gebäude mit staatlichen Mietern fokussierten deutschen Immobilienfonds veräußerte.

Das Mysteriöse an dem Deal: Die TA war zu dem Zeitpunkt mit der für Amtsgebäude, Schulen und Universitäten zuständigen Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) bereits handelseins, die ihrerseits mit der WU den Mietvertrag unterschriftsreif verhandelt hatte. Die BIG hätte der TA 29,4 Millionen Euro gezahlt für das Haus. Besonders auffällig: Für die WU änderte sich unter dem deutschen Eigentümer nichts, der Mietvertrag wurde sogar identisch (wie mit der BIG geplant) fixiert. Das könnte am Wirken des Lobbyisten Walter Meischberger liegen, der für die Vermittlung von Mieter und deutschem Käufer 708.000 Euro Provision bekam. Was genau er dafür geleistet hat, ist dank eines abgehörten Telefonats, das Meischberger mit Immobilienmakler Ernst Karl Plech führte, legendär: "Was woa mei Leistung?".

Ungereimtheiten wie diese werden in der TA-Hauptversammlung am Mittwoch großes Thema sein. Stoff dafür gibt es en masse. Mit Klagen versucht die TA von diversen Ex-Managern mehr als 20 Millionen Euro zu bekommen. Die wichtigsten Themen:

  • Agenturnetzwerk Hochegger/Valora Laut dem Deloitte-Bericht "Flieder" haben die PR- und Lobbying-Unternehmen des Peter Hochegger von 2000 bis 2010 im TA-Konzern 33,1 Mio. Euro an Honoraren lukriert. Belege über 2,5 Mio. Euro sind "auffällig", man vermutet Scheinrechnungen für Schmiergelder und Parteienfinanzierung.
  • Kursmanipulationen Um Erfolgsprämien von 8,7 Millionen Euro für rund 100 Führungskräfte in Form von Aktienoptionen lukrieren zu können, ließ das TA-Vorstandstrio aus Sundt, Rudolf Fischer und Stefano Colombo TA-Aktien kaufen, um den Kurs zu steigern. Allein die drei lukrierten so 1,03 Mio. Euro an Prämien. Die dem Brokerhaus Euro Invest dafür versprochene rund eine Mio. Euro Provision sei über Hochegger/Valora abgerechnet worden - ausgeführt vom nunmehrigen Kronzeugen, Festnetz-Finanzchef Gernot Schieszler. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.
  • Blaulichtfunk Tetron ist ebenfalls in Untersuchung. Provisionen sollen an/über Alfons Mensdorff-Pouilly geflossen sein, dessen Jagden die Telekom mitfinanzierte.
  • Auslandszukäufe Millionenprovisionen werden auch bei den Deals von A1 in Bulgarien, Weißrussland und Serbien untersucht.

Wie detailliert ÖIAG-Chef und TA-Präsident Markus Beyrer und die TA-Chefs Hannes Ametsreiter und Hans Tschuden die Korruption in der HV auch diskutieren lassen: Noch spannender wird wohl der in den nächsten Monaten erwartete Kampf zwischen den TA-Hauptaktionären ÖIAG und Marathon Zwei (des Ronny Pecik und Naguib Sawiris; 20,1 Prozent) um die Herrschaft. Der könnte hart werden, denn für einen Weiterverkauf des Marathon-Pakets ist die TA-Aktie derzeit zu billig. Käufer wie MTS in Russland, Telenor oder America Movil des Milliardärs Carlos Slim (bei dem das TA-Management für die ÖIAG vorfühlte) haben noch nicht angebissen. Sie wollen auch die 28,4 Prozent der ÖIAG, was politisch extrem heikel ist. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, 21.5.2012)