Madrid/London - Die unter Geldnot leidenden spanische Regierung holt sich nun Geld von Online-Wettanbietern. Mehrere Firmen gaben am Montag bekannt, dass rückwirkend Steuern für den Zeitraum von Jänner 2009 bis Mai 2011 im Gespräch sind - damals gab es kein klares Regelwerk für das Online-Wettspiel. Bwin.Party, das im Vorjahr aus dem Zusammenschluss des österreichischen Konzerns Bwin und der britischen PartyGaming hervorging, zahlt laut eigenen Angaben 33 Millionen Euro - der Kurs an der Börse gab daraufhin deutlich nach.

Im Juni steht die erstmalige Vergabe von Online-Lizenzen an. Offiziell sind die Zahlungen zwar nicht an deren Vergabe geknüpft, Bwin.Party geht aber davon aus, nun eine Lizenz zu bekommen.

Die Regierung kann das Geld dringend gebrauchen. So brachte die Offenlegung unbezahlter Rechnungen spanischer Regionen bislang unbekannte Außenstände über vier Milliarden Euro von 2011 ans Licht. Brisant ist dabei, dass es ausgerechnet die konservativ regierten Regionen Valencia und Madrid sind, auf die der Löwenanteil entfällt.

Dem konservativen Kabinett von Mariano Rajoy diente bisher das Erbe des sozialistischen Ex-Ministerpräsidenten José Luis Rodríguez Zapatero als argumentativer Blankoscheck für ihren Kahlschlag in Gesundheit, Bildung und Sozialem. Nicht ganz zu Unrecht, immerhin wollte Zapatero mit sechs Prozent Defizit aus dem Amt scheiden. Weit gefehlt, wie die Volkspartei nach der Amtsübernahme feststellen sollte. 8,51 Prozent besagte deren erste, von der EU verifizierte Kalkulation, die nun auf 8,9 Prozent angehoben werden musste.

Die dritte Korrektur binnen weniger Monate rief Eurostat-Experten auf den Plan. Sie werden diese Woche einmal mehr Madrids Statistiken unter die Lupe nehmen. "Absolut normal" ist diese Stippvisite für Rajoy. Der Galicier versicherte, 2012 die akkordierte Zielmarke 5,3 Prozent zu erreichen und keinesfalls um Mittel des Rettungsschirms für den Finanzsektor zu bitten.

70 Prozent gesund

Wie die Tageszeitung El Mundo aus einem erst für Mitte Juni angekündigten Bericht des IWF zitiert, sei die Situation des Finanzsektors keineswegs ausweglos: "70 Prozent der Banken seien gesund" und würden einer langfristigen Rezession trotzen. Zudem sei die Hälfte der faulen Immobilienkredite ohnehin im Bankia-BFA-Bund summiert, der Anfang dieses Monats verstaatlicht wurde. "Bankia hat einen Kapitalbedarf von 7,5 Milliarden Euro", erklärte Wirtschaftsminister Luis de Guindos. Er rechnet damit, dass Spanien auch im zweiten Quartal in der Rezession bleiben wird. (jam, Reuters, DER STANDARD, 21.5.2012)