Ruth Moser ist Femtech-Expertin des Monats Mai.

Foto: Astrid Bartl

Mit dem Großen Walsertal verbinden Ruth Moser vor allem familiäre Wurzeln: Ihre Großmutter stammt von dort. Nach einigen Stationen quer durch Österreich ist Ruth Moser selbst dorthin gezogen - seit 2006 ist sie Managerin des Unesco-Biosphärenparks Großes Walsertal in Vorarlberg. Als solche wurde die vielseitige Koordinatorin und Projektentwicklerin nun von der Initiative Femtech des Infrastrukturministeriums zur Expertin des Monats gewählt.

1976 in Linz geboren (die Mutter ist Mühlviertlerin), wuchs Moser im Montafon auf, wo ihr Vater einen Job fand. Nach weiteren Ortswechseln und der Matura beschloss sie, fernab vom Ländle neu zu beginnen. Vorerst ging sie zum Architekturstudium nach Graz, zwei Jahre später wechselte sie nach Wien, wo sie an der Universität für Bodenkultur das Studium Kulturtechnik und Wasserwirtschaft begann. "Ich habe mich mit Gewässerökologie und Siedlungswasserbau in Entwicklungsländern beschäftigt und bemerkt, dass mich andere Fragen mehr interessieren als nur die rein technische Seite", sagt Moser.

Der Tod eines guten Freundes führte dazu, dass sie eine ganz andere Richtung einschlug und an der Friedl-Kubelka-Schule für Künstlerische Fotografie ein Diplom ablegte. "Nach einer Reflexionsphase habe ich mich entschieden, dass es das Beste ist, auf das Studium Landschaftsplanung und -pflege umzusteigen", schildert Moser ihre mäandernde Ausbildungslaufbahn. Das lange Suchen hat sich gelohnt. Im Studium war sie als Tutorin engagiert und fand in der Historikerin Martina Kaller-Dietrich die ideale Diplomarbeitsbetreuerin.

"Frauen machen Vorräte. Für- und vorsorgliche Wirtschaftskultur am Beispiel der Vorratstätigkeiten von Frauen im Großen Walsertal in Vorarlberg" lautete der Titel der Arbeit, die sie vor Ort recherchierte und verfasste. "Ich konnte mein Interesse am Bäuerlichen mit dem für Genderthemen und meiner persönlichen Neugierde auf das Tal verbinden", sagt Moser, die in ihrer Studie den kulturellen Sinn der Vorratstätigkeit in Zeiten von industriell hergestellten Konserven hinterfragte.

Männlich dominierte Strukturen

Dass es in peripheren ländlichen Regionen besonders Frauen an Perspektiven fehlt, konnte Moser schon anhand der Erfahrungen ihrer Großmutter und Mutter feststellen. Das zu ändern ist nach wie vor ihr Ziel: "Das Große Walsertal ist ein abgeschlossenes Gebirgstal. Die Strukturen, vor allem die politischen, sind männlich dominiert. Es besteht großer Handlungsbedarf, jungen Frauen eine Zukunft zu bieten. Der Alltag, Nahversorgung, Kinderbetreuung, Schulen ebenso wie Ausbildung und berufliche Möglichkeiten, kulturelle Angebote und Beteiligungsmöglichkeiten vor Ort stehen dabei im Fokus."

Dieses Anliegen versucht Moser auch als Leiterin des Biosphärenparks voranzutreiben - wo sie nach dem Abschluss des Studiums Agrar- und Umweltpädagogik in Wien und einem Zwischenstopp an der Bodenseeakademie in Dornbirn landete. Dort begleitete sie das Projekt Alchemilla für die Vernetzung und Stärkung von Frauen, die Kräuterprodukte herstellen.

Letztes Jahr initiierte sie den Prozess "Zukunft Biosphärenpark", der mehr junge Menschen dazu bewegen soll, die Zukunft des Großen Walsertales mitzugestalten. Mit der Methode "Art of Hosting", die nachhaltige Veränderungen mit möglichst breiter Partizipation zum Ziel hat, sollen bestehende Strukturen und die Anliegen der Menschen reflektiert werden - um nach und nach eine Art "neues Betriebssystem" für das Große Walsertal zu etablieren. (Karin Krichmayr , DER STANDARD, 23.5.2012)