Das Gehäuse des bisher unbekannten Ammoniten Dissimilites intermedius hatte eine ungewöhnliche Form.

Screenshot: NHM Wien

Wien - Wissenschafter des Naturhistorischen Museums (NHM) Wien haben mit Hilfe modernster Methoden Urzeit-Tiere wieder zum Leben erweckt - zumindest am Bildschirm. Computertomographie und 3D-Rekonstruktions-Programme ermöglichten es, das im Vorjahr in den Dolomiten (Südtirol) entdeckte Fossil einer bisher unbekannten Ammoniten-Art detailgetreu zu rekonstruieren und zu animieren.

So schwimmen nun seltsam anmutende, vor 65 Millionen Jahren ausgestorbene Kopffüßer über die Bildschirme der Forscher, die sowohl die Beschreibung der neuen Art als auch die 3D-Rekonstruktion in Fachzeitschriften publiziert haben.

Im Ur-Ozean Tethys lagerten sich über Millionen Jahre Sedimente am Meeresboden ab. Als die Alpen aufgefaltet wurden, gelangte ein Teil dieses ehemaligen Meeresbodens in die heutigen Dolomiten. Dort findet sich im Puez-Geisler-Naturpark in rund 2.600 Meter Seehöhe eine der komplettesten und fossilreichsten Abfolgen von Sedimentschichten aus der Kreidezeit in Europa, die die Zeit von 130 Millionen bis 100 Millionen Jahren umfassen. Unter Leitung von Alexander Lukeneder von der Geologisch-Paläontologischen Abteilung des NHM untersucht ein Forscherteam seit drei Jahren die 150 Meter starken Schichten aus der Kreidezeit.

Heteromorpher Dissimilites intermedius

Im Sommer vergangenen Jahres haben die Wissenschafter das gut erhaltene Fossil eines heteromorphen Ammoniten gefunden. "Heteromorph", also andersgestaltet, deshalb, weil dieser Kopffüßer nicht die klassische aufgerollte Form besitzt, wie man sie auch von der heute noch lebenden Gattung "Nautilus" kennt, mit denen die vor 65 Millionen Jahren ausgestorbenen Ammoniten verwandt sind. Das rund 13 Zentimeter große Fossil ist 128 Millionen Jahre alt, und hat sich als eine bisher nicht beschriebene neue Art - von den Wissenschaftern Dissimilites intermedius genannt - entpuppt, wie Lukeneder in der Fachzeitschrift "Acta Palaeontologica Polonica" berichtet.

Zusätzlich untersuchten die Forscher das Fossil mit einem Computertomographen an der Fachhochschule Oberösterreich in Wels. Schicht für Schicht wurde der Fund mit den Röntgenstrahlen zerstörungsfrei durchleuchtet und offenbarte dabei viel mehr Informationen als mit freiem Auge sichtbar. "So fanden wir etwa Hinweise auf drei bis vier Millimeter große Stacheln am ganzen Körper des Ammoniten", erklärte Lukeneder.

Bewegung rekonstruiert

Mit Hilfe dieser Daten konnten sie gemeinsam mit den Spezialisten des Unternehmens "7reasons" ein realistisches 3D-Modell des Tiers kreieren. Zudem rekonstruierten die Forscher, wie die Ammoniten geschwommen sind. Ergebnis ist eine in der Fachzeitschrift "Computers & Geosciences" veröffentlichte Animation von schwimmenden Ammoniten verschiedener Stadien, vom Jung- zum erwachsenen Tier. Aufgrund der Rekonstruktion zeigte sich auch der eigenartig anmutende Schwimmstil der Tiere, die seltsam gekrümmt ihr eigenes Körperende betrachtend dahin schwimmen. (APA/red, derstandard.at, 24.05.2012)