Jugendliche über Gerechtigkeit in der Gesellschaft stimmen folgenden Punkten in Prozent zu:

Foto und Grafik: maria von usslar/derstandard.at

"Hilf dir selbst, sonst hilft dir keiner" ist eine häufige Aussage der von der Jugendkulturforschung in der Jugendwertestudie 2011 befragten Jugendlichen. Sie fühlen sich von den Institutionen alleine gelassen und Vertrauen lieber auf ihre eigenen Fähigkeiten und die Hilfe ihrer Familie.

Zudem haben die jungen Österreicher das Gefühl, dass immer mehr Menschen an den Rand gedrängt werden. Sie zweifeln an der Gerechtigkeit der Gesellschaft. Auch wächst der Druck in Schule und Ausbildung.

Die Ergebnisse der Studie, die von der Arbeiterkammer in Auftrag gegeben wurde, bereiten AK-Präsidenten Herbert Tumpel Sorge. Er will "das Vertrauen in die gesellschaftliche Entwicklung wieder herstellen. Wir müssen die Sorgen der Jungen ernst nehmen. Wir brauchen ja auch ihr Engagement und ihren Einsatz, wenn wir mehr Gerechtigkeit in der Gesellschaft wollen", sagte Tumpel bei der Präsentation der Studie am Dienstag. Befragt wurden 1.500 Jugendliche im Alter von 14 bis 29.

Zweifel an Gerechtigkeit

Fast drei Viertel der Jugendlichen sagen, dass sich die Schere zwischen Reich und Arm öffnet und mehr als die Hälfte sieht, dass immer mehr Menschen an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden. Sie selbst sehen sich dabei in Gefahr. 44 Prozent stimmen der Aussage zu: "Wir jungen müssen für uns selbst sorgen, uns hilft heute keiner mehr."

Ein Drittel sieht die gesamtgesellschaftliche Zukunft eher düster. Betrifft es die eigene Zukunft, sind die Jugendlichen optimistischer. Lediglich vier Prozent zeichnen ein düsteres Bild ihrer Zukunft. Sie fühlen sich in der Leistungsgesellschaft zunehmend auf sich alleine gestellt und seien deshalb auf die eigene Selbstwirksamkeit angewiesen, heißt es in dem Studienbericht. 

Familie und Freunde werden wichtiger

Die Studie zeigt auch, dass der Rückhalt in der eigenen Familie für 16 bis 24-jährige immer wichtiger wird.
Während in den letzten zwanzig Jahren 70 Prozent die Familie als einen sehr wichtigen Lebensbereich definierten, waren es 2011 bereits 82 Prozent.

Ein ebenso prägnanter Anstieg lässt sich für die Stellung des Freundes- und Bekanntenkreis feststellen: 1990 waren 52 Prozent der Jugendlichen dieser sehr wichtig, zehn Jahre später 72 Prozent und 2011 sind es bereits 79 Prozent.

Druck in Arbeit und Ausbildung

Rund die Hälfte hat das Gefühl, dass der Leistungsdruck ansteigt und 56 Prozent der Befragten sagen, dass sie in Arbeit, Schule oder Studium stark unter Druck stehen. Dabei ist das Gefühl bei bildungsnäheren Befragten stärker, ebenso wie bei der Altersgruppe der Schulabgänger (14 bis 19).

Viele junge Leute müssen neben der Schule oder dem Studium Geld verdienen, um ihre finanzielle Situation zu verbessern. 15 Prozent arbeiten nach der Schule oder am Wochenende, sogar 40 Prozent in den Schulferien. Unter den Studenten haben drei Viertel einen Nebenjob, die Hälfte ist ganzjährig berufstätig.

Interesse an Politik

Das Interesse junger Leute an Politik ist in den letzten Jahren gestiegen. 1990 war es nur jeder Zehnte, inzwischen haben 16 Prozent starkes Interesse und 38 Prozent mäßiges Interesse an Politik. Die Forscher merken allerdings an, dass der Anstieg noch höher wäre, wenn auch im Jahr 2011 Nationalratswahlen stattgefunden hätten, so wie 1990.

Hauptinformationsquelle für Politisches ist dabei der Fernseher, gefolgt von Zeitungen.

Die Skepsis gegenüber den Institutionen ist bei den über 20-Jährigen am größten. Am wenigsten Vertrauen schenken die Jugendlichen insgesamt den politischen Parteien und der Regierung. Das Gesundheitssystem, die Arbeiterkammer und die Polizei schneiden dagegen mit zwischen 60 und 75 Prozent Vertrauen ziemlich gut ab. An das Pensionssystem glauben allerdings nur noch wenige. Drei Viertel glauben, dass sie weniger als die Älteren heute bekommen werden. (Maria von Usslar, derStandard.at, 29.5.2012)