Zwei für die afrikanischen Savannen und Waldgebiete typischen Libellenarten: Ein Violetter Sonnenzeiger (Trithemis annulata) lässt es sich auf dem Hinterteil einer TIgerschwanz-Libelle (Ictinogomphus ferox) gutgehen.

Foto: Senckenberg

Deutsche Wissenschafter haben erstmals eine Gesamtinventur aller afrikanischen Libellenarten aufgestellt und dabei ihre räumlich erfasst. Ziel der Arbeit ist die Abschätzung zur Gefährdung der Insekten und die Entwicklung von Schutzkonzepten.

"Jenes Tier ist sehr klein, hat die Form eines ‚T‘ oder einer Wasserwaage, besitzt aber auf jeder Seite drei Beine. Der Schwanz endet in drei grünen Spitzen, mit deren Hilfe das Tier schwimmt", schrieb 1558 der französische Naturforscher Guillaume Rondelet. Die Rede war von einer jungen Libelle - damals ein noch unbeschriebenes Tier. Heute sind etwa 5.680 Arten der Flugkünstler bekannt, 702 davon leben in Afrika.

"Wir haben die Verbreitung aller bekannten afrikanischen Libellenarten an über 7.000 Flusseinzugsgebieten untersucht. Das hat vor uns noch niemand gemacht.", erklärt Viola Clausnitzer, Projektleiterin und Mitarbeiterin des Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz. "Anschließend haben wir unsere Funde in einem Geografischen Informationssystem festgehalten."

Artenvielfalt in den Randgebieten

So konnte das internationale Wissenschafterteam Gegenden mit besonderer Artenvielfalt identifizieren. Die Überraschung: Die meisten "Libellen-Hotspots" befinden sich nicht in den tropischen Regenwäldern Afrikas, sondern in deren Randgebieten. Besonders die Wasserscheide zwischen Kongo und dem Sambesi-Fluss stellte sich als wahres Libellen-Mekka heraus: Fast die Hälfte aller afrikanischen Libellenarten wurden dort von den Görlitzer Zoologen entdeckt.

"Insgesamt geht es den Libellen Afrikas recht gut, nur neun Prozent werden als gefährdet eingestuft", sagt Clausnitzer. "Doch in einigen Regionen - wie beispielsweise am Kap der Guten Hoffnung oder in den Bergen Kenias - sind viele Libellenarten stark bedroht. Mit zunehmendem Bevölkerungswachstum werden auch die Süßwasserressourcen und damit der Lebensraum für die Libellen knapper."
Die Ergebnisse der von der International Union for Conservation of Nature (IUCN) beauftragten Studie, die im Fachjournal "Frontiers in Ecology and the Environment" erschienen ist, sollen dabei helfen sensible Regionen bei der zukünftigen Planung zu schützen.

Gute Gewässerqualität

Doch nicht nur die Verteilung und Gefährdung der Arten kann aus der Libellen-Inventur abgeleitet werden, auch der Zustand der afrikanischen Gewässer wird indirekt erfasst. Denn Libellen sind in ihrer Entwicklung eng an Wasser gebunden und dienen als Anzeiger für eine gute Gewässerqualität. Ein entsprechendes Indikatorsystem für ganz Afrika ist momentan in der Entwicklung und Erprobung.
(red, derstandard.at, 2.6.2012)