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Finanzministerin Maria Fekter und die Schweizer Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf waren die Treiberinnen des Abkommens.

Foto: epa/lukas lehmann

Wien/Bern - Die härtesten Worte fand Christoph Blocher, der streitbare Vizepräsident der Schweizerischen Volkspartei (SVP). Die geplanten Steuerabkommen mit Deutschland und Großbritannien seien "entwürdigend" für die Schweiz und stellten eine "Kapitulation" Berns vor dem Ausland dar. Daher riet er dem Nationalrat am Mittwoch in einer hitzig geführten Schlussdebatte, zumindest die Steuerverträge mit Berlin und London abzulehnen.

Das Plädoyer blieb ungehört: Das angepeilte Abkommen mit Deutschland wurde im Nationalrat mit 108 zu 81 Stimmen angenommen, jenes mit Großbritannien mit 109 zu 81 Stimmen. Die größte Zustimmung gab es für den Vertrag mit Österreich (138 zu 51). Das Gesetz zur internationalen Quellenbesteuerung, die gesetzliche Basis des Abkommens in der Schweiz, scheiterte dann jedoch. Das Gesetz muss nun erneut vom Ständerat beraten werden.

Neben der SVP hatten auch die Sozialdemokraten ankündigt, gegen die Verträge zu stimmen. Zusammen bilden beide Parteien die Mehrheit im Nationalrat.

Sozialdemokraten gegen Deal

Die Sozialdemokraten kritisieren die Steuerverträge, weil sie ihrer Ansicht nach weitergehende Bestrebungen der EU zur Kooperation in Steuerfragen torpedieren. Da das Abkommen mit Österreich in dieser Hinsicht die deutlichste Sprache spricht, votierten die Sozialdemokraten relativ geschlossen gegen den Deal mit Österreich. Den Verträgen mit Deutschland und Großbritannien stimmten einige von ihnen zu.

Die SVP hingegen sorgt sich ums Bankgeheimnis und um angebliche Souveränitätseingriffe, weshalb sie nur die Deals mit Berlin und London ablehnte.

Im Prinzip sehen alle drei Verträge vor, dass für die Legalisierung von unversteuertem Vermögen in der Schweiz eine einmalige Abschlagszahlung zu leisten ist. Für künftige Erträge auf diese Vermögen wird eine laufende Abgeltungssteuer erhoben. Steuerhinterzieher bleiben anonym.

Doch die Verträge mit Deutschland und Großbritannien legen eine Vorauszahlung der Schweizer Banken von zwei Milliarden Franken (1,6 Mrd. Euro) an Deutschland und 500 Millionen Franken an Großbritannien fest. Für Österreich sind keine Zahlungen avisiert. Zudem können deutsche und britische Steuerfahnder prüfen, ob die Schweizer Banken die Abgeltungssteuer korrekt einheben.

Dies ist im Abkommen mit Österreich nicht vorgesehen. Die weicheren Kontrollrechte und die fehlende Vorauszahlung macht den Vertrag mit Österreich für die SVP akzeptabel.

Volksabstimmung könnte Verträge kippen

Doch auch wenn es für das Ausführunsgesetz später eine Mehrheit gibt, ist noch nicht sicher, ob die Verträge 2013 in Kraft treten können. Denn die Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (AUNS), eine überparteiliche Plattform, die bereits mehrere Referenden angestoßen hat, will eine Volksabstimmung gegen die Abkommen einleiten, wie AUNS-Geschäftsführer Werner Gartenmann dem Standard sagte. Um eine Abstimmung zu initiieren, braucht man 50.000 Unterschriften. "Die zu bekommen wird eine Knochenarbeit, ist aber machbar", sagt Gartenmann. Formal sollte der Gesetzgebungsprozess zu den Vereinbarungen Mitte Juni enden, dann begänne eine 100-Tage-Frist, in der Volksbefragungen initiiert werden können. Die SVP überlegt noch, ob sie selbst ein Referendum anstreben soll, hieß es am Mittwoch im SVP-Büro in Bern.

Sollten genügend Unterschriften zustande kommen, wäre der nächste Termin für eine Abstimmung im November. Für Österreichs Finanzministerin Maria Fekter dürfte das die Budgetplanung im kommenden Jahr nicht unbedingt vereinfachen. Fekter rechnet mit Einnahmen in Höhe von einer Milliarde Euro aus der Schweiz im kommenden Jahr und danach mit jährlich 50 Millionen. (András Szigetvari, DER STANDARD, 31.5.2012)