Graz - Bumm! Der gleichnamige General, der es nicht erwarten kann, dass der Krieg endlich beginnt, eilt auf Rollschuhen über die Bühne und gleich gegen eine Wand - in ihr ein mannsgroßes Loch hinterlassend. Das ist einer der unzähligen Einfälle, mit denen Regisseur Jürgen Flimm die Grande-Duchesse de Gérolstein zum Bombenerfolg führte. Der andere Gewitzte ist Nikolaus Harnoncourt, der Mitspieler mancher Späße.

Mit einem ganz großen "Bumm!" begann also in der Kulturhauptstadt Graz die Styriarte. Wobei: Die Koproduktion mit dem Opernhaus Zürich hat eine technisch sehr aufwändige Inszenierung ermöglicht. Anders als bei der Eröffnung der neuen Helmut-List-Halle zu Jahresbeginn wurde diesmal denn auch eine regelrechte Bühne aufgebaut, mit Vorhang, Orchestergraben und Übertitel-Anlage: Harnoncourt hat die Pariser Erstfassung von 1867 gewählt und im französischen Original singen lassen. Aber wie komisch alterierte sich das laufende Schriftband, auch Aufforderungen an das Publikum richtend, über die große Chose.

Bühnenbildnerin Annette Murschetz hat - vom über die Bühne spazierenden Krokodil bis zum "Säbel des Herrn Papa", vor dem König Arthurs "Excalibur" nie bestehen könnte - ganze Arbeit geleistet. Bei der Premiere am Samstag, der noch drei weitere Vorstellungen folgen werden, ging alles wie am Schnürchen.

Wendiger General

Unter den von Birgit Hutter fantasievoll eingekleideten Darstellern brillierte besonders die Französin Marie-Ange Todorovitch in Spiel, Gesang und Rede als Großherzogin; und ihr Landsmann Philippe Duminy wusste als ein trotz des aufgetragenen Embonpoints sehr wendiger General die Lachmuskeln immer wieder zu reizen.

Das junge Paar, Wanda und Fritz, das sich nach dem liebestollen Hineindrängen der Großherzogin am Ende wiederfindet, wird von Sophie Marin-Degor und Markus Schäfer sympathisch verkörpert. Die als eine Art Spielführerin eingesetzte amerikanische Tänzerin Megan Laehn unterstützte als "Rita vom Broadway" den Erneuerungsschub, der das ob seiner Thematik (Verspottung aller militärischen Großsprecherei) nicht verstaubte, ja aktuelle Werk in Musical-Nähe rückte.

In den von Flimm eingerichteten Dialogen waren neben dem Französischen auch deutsche und englische Satzbrocken zu hören. Es versteht sich, dass Harnoncourt mit dieser Qualitätsbesetzung, Arnold Schönberg Chor und Chamber Orchestra of Europe, die melodisch feine, rhythmisch aparte Musik fest im Griff hatte. Wenn er nach dem Applaus zu einem Encore dem Regisseur sein Militärkapperl aufsetzte und ihm das Dirigieren überließ, war nach Längen im zweiten Teil ein letzter Witzblitz verschossen. (DER STANDARD, Printausgabe vom 23.6.2003)