Hält naturgemäß nichts davon, dass die EU-Kommission ab 2013 weniger Emissionsberechtigungen ausgibt. Susanna Zapreva bei einem Gespräch mit dem STANDARD.

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Gespannt geht die Stromwirtschaft ins nächste Jahr. Ab dann muss für die Emissionen gezahlt werden. Susanna Zapreva erwartet im Gespräch mit Johanna Ruzicka, dass es deswegen nicht zu Preiserhöhungen kommt.

STANDARD: Wie sind die Erfahrungen der Wien Energie bisher mit den Emissionszertifikaten?

Zapreva: Die Strombranche hat bisher die Zertifikate gratis bekommen. Interessant wird es erst ab 2013, wenn wir - wie alle Energieversorger in der EU - verpflichtet sind, für jede emittierte Tonne Kohlendioxid (CO2) Zertifikate kaufen zu müssen. Es wird nur eine kleine Ausnahme geben für die Auskoppelung von Fernwärme, da gibt es anfangs weiterhin Gratiszertifikate - die ist aber minimal und läuft bald aus.

STANDARD: Was erwarten Sie, wie teuer das der Wien Energie kommt?

Zapreva: Wir können das leider nicht quantifizieren - dazu gibt es zu viele Unsicherheiten. Weltweit werden 30 Milliarden Tonnen CO2 im Jahr emittiert. In Österreich sind es etwa 88 Millionen Tonnen und davon kann man rund zehn Millionen Tonnen der Stromwirtschaft zurechnen. Auf Wien Energie entfallen zwei bis drei Millionen. Bei einem Preis von sieben Euro je Tonne CO2, zuletzt war er so niedrig, ergibt das für die österreichische Stromwirtschaft eine Belastung von 70 Millionen Euro.

STANDARD: Erwarten Sie deshalb Strompreiserhöhungen für Industrie und Privathaushalte?

Zapreva: Nein. Auf der Preisseite erwarte ich keine Änderungen, da auch bisher die CO2-Zertifikatskosten in den Großhandelsstrompreisen eingepreist waren.

STANDARD: Dieser niedrige Preis von sieben Euro je Tonne hat die EU-Kommission veranlasst, darüber nachzudenken, ob sie weniger Zertifikate ausgeben soll. Was halten Sie davon?

Zapreva: Das gehört zu den vielen Unsicherheiten, mit denen die E-Wirtschaft in dieser Sache umzugehen hat. Es gibt viele Stimmen zu diesem "Set aside", bei dem der Preis künstlich hinaufgetrieben werden würde. Ich halte grundsätzlich Diskussionen, die Investitionsunsicherheiten für die Energiewirtschaft schaffen, für kontraproduktiv. Unter diesen Rahmenbedingungen sind Investitionen in die thermische Produktion sehr schwer möglich.

STANDARD: Gratiszertifikate aus der derzeitigen Emissionsperiode, die nicht benötigt wurden, können auch im nächsten Abrechnungszeitraum verwendet werden. Wird die Wien Energie dies in Anspruch nehmen?

Zapreva: Grundsätzlich ist das einer der Gründe, warum es so schwierig ist, einen Preis oder ein Marktverhalten zu prognostizieren. Wir als Wien Energie werden heuer keine Zertifikate zukaufen. Erstens kommen wir mit den bisherigen Zuteilungen im Großen und Ganzen aus und zweitens werden wir uns auch nicht für die nächsten Jahre eindecken. Natürlich besteht da das Risiko, dass es zu diesem "Set aside" kommt und die Zertifikate nächstes Jahr viel teurer sind. Womöglich geht der Preis aber noch weiter hinunter.

STANDARD: Was sagen Sie grundsätzlich zum EU-Emissionshandelssystem?

Zapreva: Nun, wie gesagt, jährlich werden weltweit 30 Milliarden Tonnen CO2 in die Atmosphäre geblasen - eine enorme Menge. Das ist ein Problem, das wir lösen müssen. In der Energiewirtschaft gibt es derzeit viele Themen: Der Atomausstieg Deutschlands, der Ausbau der erneuerbaren Energien und, gleichzeitig damit verbunden, der Ausbau der Netze und Reservespeicherkapazität. Da spielen thermische Kraftwerke eine entscheidende Rolle. Nicht alle Länder haben da den Vorteil wie Österreich, dass sie mit Pumpspeichern diese zusätzlichen Speicheraufgaben lösen können. In Deutschland wird deshalb auf die thermische Stromproduktion gesetzt - und da fällt wieder mehr CO2 an. Deshalb ist es enorm wichtig, auf höhere Wirkungsgrade zu setzen, etwa, indem man verstärkt beim thermischen Kraftwerksbau auf Kraftwärmekoppelung setzt - also, dass neben der Stromproduktion auch die Abwärme des Kraftwerks genutzt wird.

STANDARD: Die EU setzt stark auf CCS. Carbon Capture & Storage, also das Speichern von CO2, wenn es beispielsweise bei einem Kohlekraftwerk oder bei einer Fabrik anfällt. In Österreich gibt es ein CCS-Verbotsgesetz. Ihre Meinung?

Zapreva: Ein schwieriges Thema. Ich bin eigentlich dafür, dass man auf noch nicht ausreichend erforschte Technologien nicht setzt. Deshalb ist mir diese Entscheidung der österreichischen Regierung nicht unsymphatisch. Es gibt viele Möglichkeiten, wie man mit CO2 umgehen kann, zum Beispiel, indem das CO2 in Methan umgewandelt wird. Da gibt es bereits gute Forschungsergebnisse dazu. Dieses Methan kann man dann ins Erdgasnetz einspeisen. (Johanna Ruzicka, DER STANDARD, 4.6.2012)