Wien - Das bekannte Cafe Landtmann am Wiener Ring expandiert - und zwar vertikal: Ein Stockwerk über den Räumlichkeiten des Kaffeehauses befindet sich nämlich die neue "Bel-Etage". Damit will man an die Salontradition um die Jahrhundertwende anschließen, erklärte Hausherr Berndt Querfeld bei der Eröffnung am Montag.

Zu diesem Zweck wurden in den vergangenen Monaten die drei, je rund 40 Quadratmeter großen Zimmer renoviert und mit moderner Veranstaltungstechnik ausgestattet. Denn neben Diskussionsabenden sollen im Obergeschoß auch Seminare, Workshops oder Pressekonferenzen stattfinden können.

Herkömmlicher Cafe-Betrieb ist für die insgesamt rund 75 Personen fassende Bel-Etage aber keinesfalls vorgesehen. "Das wird nie ein Kaffeehaus oder ein A-la-Carte-Geschäft werden", stellte der Landtmann-Chef von vornherein klar. Vielmehr ist sie als Alternative für jene Veranstaltungen geplant, die das eigentliche Kaffeehaus überfordern - also etwa Buchpräsentationen, Schulungen oder größere Pressekonferenzen. Und sein "großer Wunsch" sei es, zudem eben so etwas wie einen regelmäßigen Salon zu etablieren, als "Ort des Gesprächs und der Begegnung", wie Querfeld heute wissen ließ.

Historischer Hintergrund

Der Cafetier verwies dabei auf den historischen Hintergrund seines Anliegens: Die Wiener Schriftstellerin und Journalistin Berta Zuckerkandl-Szeps hatte nämlich vom Ende des 19. Jahrhunderts bis 1938 im "Landtmann-Haus" einen literarischen Salon betrieben - allerdings im vierten Stock. Vertreter der künstlerischen und wissenschaftlichen Elite sollen sich dort regelmäßig getroffen haben.

Die nun für rund 250.000 Euro adaptierten Räume im Mezzanin wurden zuletzt von einer Rechtsanwaltskanzlei genutzt. Nach deren Auszug ließ der Hausbesitzer die Zimmer für Bürozwecke sanieren, allerdings dürfte der Installateur nicht ganz sachgemäß gearbeitet haben. Denn es tropfte plötzlich von oben ins Landtmann. Querfeld hielt nachschau, woher das Wasser kommen könnte, und wurde so erst auf die Räumlichkeiten aufmerksam. Er habe sich "verliebt" und schließlich entschieden, sie anzumieten, erzählte er. Die Bürotechnik wurde großteils entfernt, Lampen und Stuck ergänzt.

Zugänglich ist die Bel-Etage nicht übers Kaffeehaus, sondern über den Eingang auf der Hinterseite des Gebäudes. Das "Schnitzler Zimmer" verfügt über eine historische Holzkassettendecke und einen großen Art-Deco-Spiegel, im "Zuckerkandl Zimmer" wiederum dominiert dunkle Holztäfelung und ein historischer Kamin. Außerdem kann man von hier aus den Balkon zur Ringstraße betreten. Das "Mahler Zimmer" schließlich ist in weiß gehalten und wartet mit einer Stuckdecke auf.

Fixe Mietsätze gebe es nicht, versprach Querfeld. Stattdessen könne man einfach reservieren, für den Hausherr soll sich das Projekt rein über die Gastronomie rechnen - wobei: "Hier war mehr die Emotion im Spiel als der Rechenstift." Die Preise sind ident mit jenen des Cafes. In Sachen Verwertbarkeit zeigt sich der Kaffeehausmogul jedenfalls sehr einfallsreich: Demnächst werde die Bel-Etage als Ort für standesamtliche Trauungen kommissioniert, kündigte er heute an. (APA, 11.6.2012)