Artur Wechselberger hat die Kampfabstimmung gewonnen.

Foto: Aerztekammer

Bregenz/Wien - Artur Wechselberger ist neuer Präsident der Ärztekammer. Das teilte Freitagvormittag just sein einziger Kontrahent beim Bundesärztekammertag in Bregenz, Christoph Reisner, per Aussendung mit. Der niederösterreichische Präsident erhielt nach eigenen Angaben bei der Kampfabstimmung 83 Delegiertenstimmen, der Tiroler Präsident Wechselberger konnte 103 auf sich vereinen. Der 59-Jährige tritt damit die Nachfolge von Walter Dorner an, der nicht mehr kandidiert hatte.

Zur Seite steht Wechselberger als Vorsitzender der niedergelassenen Ärzte Johannes Steinhart. Während er als Nachfolger von Günther Wawrowsky gestern ohne Gegenkandidat gekürt wurde, setzte sich Harald Mayer bei seiner Wiederwahl als Chef der angestellten Ärzte in einer Kampfabstimmung nur hauchdünn gegen Hermann Leitner durch.

Kampf gegen Verschlechterung

Das neu gewählte Präsidium der Ärztekammer (ÖÄK) gab sich in einer ersten Pressekonferenz am Freitag hart in der Sache und im Ton. Ärzte seien nur dem Einzelpatienten verpflichtet und müssten ihren Beruf unbeeinflusst von Politik und Ökonomie ausüben können, erklärte der neue Präsident Artur Wechselberger. "Wir werden uns gegen jeden stellen, der versucht, diese Leistungserbringung einzuschränken oder zu verschlechtern", stellte der neu gewählte Ärztekammerpräsident fest. Ärztekammer-Finanzchef Herwig Lindner aus der Steiermark kündigte im Falle einer Systemverschlechterung eine Informationskampagne an, wollte Kampfmaßnahmen aber nicht in den Raum stellen.

Arzberuf attraktiver machen

Schwerpunkt der kommenden fünfjährigen Funktionsperiode sei es, den Arztberuf wieder attraktiv zu machen, sagte Wechselberger. Vorhaben wie die elektronische Gesundheitsakte (ELGA) oder die Gesundheitsreform werde man nur hinnehmen, solange sie die freie Berufsausübung der Ärzte nicht behinderten. Außer Wechselberger ließen auch der erste ÖÄK-Vizepräsident Karl Forstner sowie der neue Chef der niedergelassenen Ärzte Johannes Steinhart kein gutes Haar am ELGA-Projekt: Damit gehe Zeit für den Patienten verloren, außerdem sei die Datensicherheit sei nicht gewährleistet, wendeten die Ärzte unter anderem ein. "Wir wehren uns nicht gegen technologische Neuerungen, aber gegen ein Instrument, das uns mit Bürokratie überschüttet", so Wechselberger.

Gesundheitsreform nicht ohne Ärzte

Zur Gesundheitsreform hielt der neue ÖÄK-Präsident fest, dass sie ohne die Ärzte nicht machbar sein. Derzeit gehe es nicht um eine Gesundheits-, sondern um eine Finanzreform. Forstner kritisierte diesbezüglich einen offenbar angestrebten Rückbau der Sozialpartnerschaft und dass den Patienten durch die Reform Geld entzogen werde. "Dass das zu einer Qualitätsverbesserung führen soll, erschließt sich dem Hausverstand nicht", stellte Forstner fest. Der Vorwurf, den er der Politik machen müsse, sei: "Sie sagt nicht, dass die Reform mit einer Leistungskürzung verbunden sein wird".

Kritik an Reform

Lindner bemängelte, dass in Sachen Gesundheitsreform zwar von der Schließung von Abteilungen in Krankenhäusern die Rede sei, nicht aber vom Ausbau des niedergelassenen Bereichs. Die Einsparung von drei Milliarden Euro werde nicht ohne Folgen bleiben. "Wir haben eines der besten Gesundheitssysteme der Welt. Wir werden wachsam sein, dass es keine Verschlechterung gibt", erklärte Lindner. Andernfalls werde man die Öffentlichkeit umfassend informieren, finanzielle Mittel stünden der Kammer dafür ausreichend zur Verfügung.

Harald Mayer beklagte, dass viele Turnusärzte Österreich verließen, weil es im benachbarten Ausland bessere Arbeitsbedingungen gebe. Auch die Teilzeitarbeit an Spitälern müsse attraktiver werden, verwies Mayer darauf, dass 60 Prozent der Medizinstudium-Absolventen Frauen sind. Für sinnvoll hielte der zweite ÖÄK-Vizepräsident, den ungehinderten Zugang in Spitalambulanzen durch Akutordinationen einzuschränken.

Den Vorwurf der Fundamentalopposition wollte sich das neue ÖÄK-Präsidium nicht gefallen lassen. "Wir wissen, was der Patient braucht", so der dritte ÖAK-Vizepräsident Steinhart. "Was wir sagen, wird als Lobbyismus vom Tisch gewischt", bemängelte Mayer.

Schelling wünscht gute Zusammenarbeit

Die Reaktionen auf die Wahl Wechselbergers waren durchwegs positiv. Der Chef des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger, Hans-Jörg Schelling, wünschte sich eine gute Zusammenarbeit und eine Fortsetzung des Dialogs zur Reform des österreichischen Gesundheitswesens, der neue Apothekerkammer-Präsident Max Wellan erwartete sich eine gute Gesprächskultur und patientenorientierte gemeinsame Projekte.

Christoph Reisner, der Wechselberger in einer Kampfabstimmung recht knapp unterlegen war, zeigte sich als guter Verlierer. Er wünschte dem neuen Präsidenten viel Kraft und Durchhaltevermögen. Gleichzeitig forderte er eine Korrektur der Kammer-Politik mit der Vorlage neuer Konzepte, denn: "Die Blockadepolitik der vergangenen Jahre hat zu nichts geführt."

ÖVP: "Mann der Praxis"

ÖVP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger sieht Wechselberger als "Mann der Praxis", der als Vizepräsident der Ärztekammer und langjähriger Präsident der Tiroler Kammer ein exzellenter Kenner der Standesvertretung sei. FPÖ-Ärztesprecher Andreas Karlsböck zeigte sich überzeugt, dass der neue Präsident "den erfolgreichen und konsequenten Weg der Österreichischen Ärztekammer fortsetzen wird". (APA, 22.6.2012)