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SPÖ und ÖVP stecken ihre Positionen in puncto Familienpolitik ab.

Foto: APA/dpa/Waltraud Grubitzsch

Wien - Die nächste Nationalratswahl findet zwar planmäßig erst in über einem Jahr statt, dennoch stecken SPÖ und ÖVP schon jetzt ganz offensichtlich ihre Positionen zur Familienpolitik ab. Einmal mehr bewarben die Koalitionspartner am Montag jeweils ihre - sehr unterschiedlichen - Vorstellungen, wie Familien künftig gefördert werden sollen: Die SPÖ pochte auf ihr Modell, die steuerlichen Frei- und Absetzbeträge abzuschaffen und dafür die Familienbeihilfe zu erhöhen, während die ÖVP sich abermals für einen Steuerfreibetrag von 7.000 Euro pro Kind aussprach.

Kämpferischer Spindelegger

ÖVP-Chef Vizekanzler Michael Spindelegger ließ am Montag via "Kronen Zeitung" wissen, was er von den Ideen des Koalitionspartners hält: "Wenn man hergeht, wie politische Mitbewerber, und sagt: Wir zahlen nur noch für Kinder, und die Eltern sollen ihre Kinder so früh wie möglich den ganzen Tag in einer staatlichen Einrichtung abgeben, sollen sie in eine Ganztagsschule schicken und auf diese Weise nicht mehr Eltern sein, dann bin ich vehement und kämpferisch dagegen." Die ÖVP wolle ein "Existenzminimum von 7.000 Euro für jedes Kind".

Wenn man diese 7.000 Euro durchrechne, komme man auf eine Mehrbelastung von 4,5 Mrd. Euro - da müsse man zuerst einmal beantworten, wie man das überhaupt finanziere, konterte SP-Finanzstaatssekretär Andreas Schieder bei einer Pressekonferenz. Er präsentierte dort gemeinsam mit Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) ein eigenes Familienförderungsmodell - dem wiederum bereits seitens der ÖVP eine Abfuhr erteilt worden war.

SPÖ will Vereinfachung

Konkret findet die SPÖ das derzeitige System der Familienleistungen unübersichtlich, ineffizient und ungerecht. Zwei Drittel der Kinder hätten vom "Dschungel" der Frei- und Absetzbeträge nichts, weil die Eltern diese entweder nicht geltend machen können oder es schlicht nicht tun. Laut SPÖ wurden beispielsweise 40 Mio. im Zusammenhang mit der Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten abgeholt, 125 Mio. nicht (Abrechnung 2009). Man wolle das System "radikal vereinfachen", ohne dafür mehr auszugeben, wie Heinisch-Hosek versicherte.

Derzeit würden für Familienleistungen 5,3 Mrd. Euro ausgegeben. Die Frei- und Absetzbeträge sollen nach Vorstellung der SPÖ weg, dafür die Familienbeihilfe auf monatlich 225 bzw. 240 Euro (für Kinder ab 15) erhöht werden. Zuschläge soll es für behinderte Kinder und Alleinerzieher geben. Mit diesem Modell würden 150 Mio. für den Ausbau der Kinderbetreuung frei. In diesem Zusammenhang forderte Heinisch-Hosek einmal mehr einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem ersten Lebensjahr.

Das SPÖ-Modell bedeute "mehr, einfacher und letztlich billiger und effizienter", warb Schieder. Neue Kinderbetreuungsplätze würden Arbeitsplätze schaffen, durch eine schnellere Abwicklung der Förderung spare man in der Verwaltung.

"Vielleicht ein bissl ein Minus" bei höchsten Einkommen

Für "nahezu" jede Familie würde mehr herausschauen. Auf Nachfragen räumte Schieder ein, dass es in "Randbereichen" - bei den höchsten Einkommen - zu zehn bis zwanzig Euro weniger im Jahr kommen könnte. Bei einem Alleinverdiener mit 6.000 Euro brutto und zwei studierenden Kindern komme "vielleicht ein bissl ein Minus" heraus, aber nicht an der "Direktleistung", verwies Heinisch-Hosek darauf, dass die höhere Familienbeihilfe jedes Monat ausbezahlt würde.

Die Rechnung, dass das gewünschte Modell ja eigentlich teurer sei, weil die Frei- und Absetzbeträge derzeit nicht voll ausgeschöpft werden, die SPÖ aber die budgetierten Summen für die Berechnungen genommen hat, ließ Heinisch-Hosek nicht gelten: Das Geld sei ja für diesen Zweck reserviert. Den Steuerzahler koste das Modell nicht mehr Geld, meinte auch Schieder. (APA, 25.6.2012)