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Verhärtete Fronten zwischen Kardinal Schönborn und dem ...

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... Mastermind der Ungehorsamen, Helmut Schüller. 

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Linz/Wien - Es war wohl keine einsame "Grundsatzentscheidung" von Kardinal Christoph Schönborn, den "ungehorsamen" Dechant Peter Meidinger, Pfarrer im niederösterreichischen Piesting, überraschend nicht mehr in seinem Amt zu bestätigen. Wie DER STANDARD aus gut informierten Kirchenkreisen erfuhr, hat Rom in den letzten Wochen den Druck auf die österreichische Kirche deutlich erhöht.

Konkret erhielten die Diözesanbischöfe heikle Post aus dem Vatikan. In dem Schreiben wird klar eingemahnt, dass dem "ungehorsamen" Personal künftig höhere Diözesanämter verwehrt bleiben sollen. Der Weisel aus Rom hat die Bischöfe auch veranlasst, den künftigen Umgang mit dem aufmüpfigen Personal auf die Tagesordnung ihrer jüngst in Mariazell abgehaltenen Sommervollversammlung zu setzen.

Mit der episkopalen Entscheidung, das innerkirchliche Jobprofil zu schärfen, hat man sich erwartungsgemäß wenig Freunde gemacht. Unter manchen Dechanten ist der Ärger jetzt groß. "So kann man mit Leuten nicht umgehen. Eines ist daher klar: Das wird nicht konfliktfrei abgehen. Die betroffenen Dechanten sind doch keine Revoluzzer, die auf die Straße gehen und die man jetzt einbremsen muss. Die haben sich in ihren Bereichen verdient gemacht und schauen vor allem darauf, dass andere beim Denken nicht einschlafen", ärgert sich Franz Wild, Generaldechant der Diözese Linz und Mitglied der Pfarrerinitiative, im STANDARD-Gespräch.

Schüller bleibt ungehorsam

Der Gründer der Pfarrerinitiative, Helmut Schüller, bleibt trotz erster Maßnahmen gegen seine "ungehorsamen" Priester seiner Linie treu. "Ich sehe das sehr gelassen. Mit den Sanktionen stellt sich das System der Kirche bloß. Es wird hier versucht, Macht von Leuten auszuüben, die keiner Kontrolle unterliegen. Wer überprüft, was der Papst oder die Bischöfe machen oder auch nicht? Keiner. Es offenbart sich die Ordnung der unkontrollierten Macht", gibt Schüller im Gespräch mit dem STANDARD zu bedenken. An eine Rücknahme des viel diskutierten Begriffs denkt Schüller daher weiterhin nicht: "Der Ungehorsam ist eine Spiegelung des derzeitigen Kirchensystems."

Ein kleiner Rundruf unter Pfarrern, die Mitglieder oder Unterstützer der Initiative sind, zeigt, dass auch sie - vor die Wahl gestellt - das Dechantenamt aufgeben würden. Franz Dammerer, Dechant des Dekanats Ybbs an der Donau und Pfarrer in Wieselburg, sagt, er könne Meidingers Entscheidung "gut verstehen". Die Bischöfe sollten "das Evangelium endlich wichtiger nehmen als das Kirchenrecht". Er denkt, dass sich die Bischöfe nicht trauen werden, alle "ungehorsamen" Dechanten auszutauschen.

Wolfgang Unterberger denkt anders: "Das wird jetzt laufend Leute betreffen", meint der Wiener Dechant und Pfarrer. Er wurde erst vor wenigen Monaten in seinem Amt bestätigt. Etwaige Zwischentöne habe er damals nicht vernommen. Gerald Gump könnte im Herbst 2013 ausscheiden müssen, wenn seine Amtsperiode für das Dekanat Schwechat endet. Sollte es vorbei sein, "kann ich aber damit leben", sagt Gump.

Jan-Heiner Tück, Vorstand des Instituts für Dogmatische Theologie an der Uni Wien, kann hingegen die bischöflichen Maßnahmen durchaus nachvollziehen. "Durch das Aufrechterhalten des Reizwortes ‚Ungehorsam‘ bleibt eine Störung im Kommunikationsgefüge. Und ein Dechant ist in einem Teil der Ortskirche Repräsentant des Bischofs. Wenn er diesem Bischof gegenüber nicht nur rhetorisch, sondern auch praktisch im Status des Ungehorsams verbleibt, dann besteht hier eine Spannung, die auf Dauer schwierig ist." Insofern verstehe er die Entscheidung des Kardinals: "Er weist auf einen Dissens hin, der die Amtsführung schwierig macht."

Dennoch warnt Tück davor, die Dechanten-Entscheidung als Sanktion gegen die Pfarrerinitiative zu interpretieren: "Man darf das nicht hochdramatisieren. Es geht konkret um das Amt des Dechanten." (Markus Rohrhofer/Gudrun Springer, DER STANDARD, 28.6.2012)