Wien - Der Untersuchungsausschuss hat sich mit dem Glücksspiel einem neuen Beweisthema zugewendet - und gleich der erste Zeuge sorgte für eine Überraschung: Rudolf Fischer, Ex-Telekom-Vorstand, sagte aus, ÖVP und BZÖ seien bereit gewesen, 2006 das Glücksspiel-Monopol - auf Wunsch von Telekom und Novomatic - zu kippen.

Die geplante Änderung des Glücksspielgesetzes während der Amtszeit von Finanzminister Karl-Heinz Grasser kam nicht zustande, weil das BZÖ bei der Abstimmung im Nationalrat die Unterstützung für einen Gesetzesantrag zurückzog.

Fischer behauptet, das liege an Zahlungen der zum Monopolisten Casinos-Austria-Konzern gehörenden Österreichischen Lotterien an die damalige BZÖ-Werbeagentur Orange. Für ein neunseitiges Pseudogutachten, verfasst von Kurt Lukasek, Mitarbeiter von Peter Westenthaler, Spitzenkandidat des BZÖ für die Nationalratswahl 2006, wurden 300.000 Euro überwiesen.

Ein offenes Geheimnis

Lukasek sagte laut Profil dem ermittelnden Bundesamt für Korruptionsbekämpfung (BAK), er habe das Papier über das Wochenende per Internetrecherche erstellt. Rechtschreibfehler - wie "Glückspiel" - inklusive.

In einer E-Mail an das BAK, das Peter Pilz (Grüne) vorliegt, schreibt Lukasek: Die Zahlungen der ÖLG an Orange seien in der Partei ein "mehr oder weniger offenes Geheimnis" gewesen. "Das BZÖ war mit Zahlungen im Rückstand. Jeder wusste, dass es mit der Zahlung der ÖLG Geld geben würde."

Pilz sieht eine neue Dimension der Bestechung erreicht: "Hier wurden nicht einzelne Abgeordnete, sondern ein ganzer Klub gekauft." Arno Eccher, Ex-Geschäftsführer der Werbeagentur, sagte, das Geld sei " sicher nicht" an die Partei gegangen.

Hintergrund ist der Versuch von Novomatic und Telekom, das Monopol bei Internetwetten aufzubrechen. Da Privaten der Erwerb von Lizenzen verwehrt war, sei eine Änderung des Glücksspielgesetzes "zwingend notwendig" gewesen", sagte Fischer.

Bis zum Antrag im Parlament sei die Novelle für gut befunden worden. Quasi über Nacht sei der Abänderungsantrag entfernt worden. Am 10. und 11. Juli geht der U-Ausschuss weiter: Geladen sind Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, Lobbyist Peter Hochegger, Friedrich Stickler, Vorstand Lotterien, und Leopold Wallner, Vorstand der Casinos. (fux, DER STANDARD, 1.7.2012)